Corona-Leugner im Anmarsch

„Querdenken“ plant eine Anti-Pandemieschutz-Demo in Hannover. Die Polizei prüft Auflagen oder ein Verbot

„Hier mischen sich Personen und Gruppen unter die Demonstranten, die diese Gelegenheit nutzen, um unseren Staat zu destabilisieren“

Bernhard Witthaut, niedersächsischer Verfassungsschutzchef

Von Marco Carini

Nachdem am Wochenende in Berlin eine Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen eskaliert war, droht eine Neuauflage. Am Samstag, den 12. September, soll es in der niedersächsischen Landeshauptstadt eine Großveranstaltung für den gesamten Norden geben. Über verschiedene soziale Netzwerke rufen Aktivist*innen zu einer Demonstration und einer anschließenden Kundgebung in knapp zwei Wochen auf.

Die Veranstalter*innen fordern, die Corona-Schutzmaßnahmen sofort aufzuheben und gehen „für die vollständige Herstellung der Grundrechte“ auf die Straße. Den Aufruf haben verschiedene Initiativen aus Hannover unterzeichnet sowie verschiedene „Querdenken“-Gruppen aus Oldenburg, Hamburg und Kiel.

„Wir wissen das nur aus Medienberichten, eine offizielle Anmeldung gibt es noch nicht“, teilt die Sprecherin des niedersächsischen Innenministeriums, Simone Schelk, den Sachstand mit. Bekannt sei nur die Anmeldung zweier kleinerer Kundgebungen.

Doch um die geht es offenbar. Wie erst jetzt bekannt wurde, sind schon seit Mitte August für den 12. September zwei Demonstrationen angemeldet, jeweils durch Privatpersonen. Um 13 Uhr soll am Trammplatz eine Demonstration unter dem Motto „Die Pandemie ist vorbei“ stattfinden, deren Route durch die Innenstadt führt. Die Veranstalter*innen erwarten rund 1.000 Personen. Für 15.30 Uhr ist dann eine Kundgebung unter dem Slogan „Das selbstbestimmte Leben“ mit 900 Personen am Georgsplatz angemeldet. Sie soll immerhin viereinhalb Stunden dauern: bis 20 Uhr.

Innenminister Boris Pistorius (SPD) kündigte bereits an, die Polizei werde sehr genau prüfen, welche Auflagen möglich sind. Die zuständige Polizeidirektion Hannover sei sehr erfahren mit solchen Großlagen. „Wir prüfen auch ein Verbot“, ergänzt Polizeisprecher Michael Bertram. Zumindest Auflagen werde es für beide Veranstaltungen aber mit Sicherheit geben.

Niedersachsens Verfassungsschutzchef Bernhard Witthaut warnt derweil vor einer Unterwanderung der geplanten Kundgebungen durch Extremisten: Die Berliner Erfahrung zeige, „dass rechtsextreme Kräfte solche Veranstaltungen für sich nutzen“, sagte Witthaut der ­Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom Dienstag: „Das sind keine harmlosen Demonstrationen. Hier mischen sich Personen und Gruppen unter die Demonstranten, die diese Gelegenheit nutzen, um unseren Staat zu destabilisieren.“

In Berlin habe die rechtsextremistische NPD am vergangenen Samstag ungehindert Flugblätter verteilen können. Bürger sollten sich nicht zu „Werkzeugen von Extremisten“ machen, warnt der niedersächsische Verfassungsschutzpräsident.