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: anthroposophie

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Grenze gezogen

Anthros wollen eine sachliche Debatte ohne Nazis & Co.

Vor 100 Jahren hat Rudolf Steiner erstmals seine Ideen für eine integrative und erweiterte Medizin vorgestellt. Später arbeitete er sie mit der Ärztin Ita Wegman zum Konzept der Anthroposophischen Medizin aus. Diese ist heute in Praxen und Kliniken, in der Pflege und in Reha-Einrichtungen vertreten, in der Pharmazie, in Wissenschaft und Forschung präsent. Doch zum Jubiläum muss der Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland (DAMiD) etwas klarstellen. Anlass sind die sogenannten Anti-Corona-Demos, an denen auch einige anthroposophisch orientierte Ärztinnen und Ärzte teilgenommen haben.

„So berechtigt das Anliegen ist, für mehr Kontroverse und eine breiter angelegte Debatte auf die Straße zu gehen, so fatal ist es, wenn dadurch völkisch-nationalistische, rassistische und rechtsextreme Ideologien unterstützt werden“, so ­DAMiD. Verfassungsfeindliche, rassistische und rechtsextreme Positionen hätten keinen Platz in der Anthroposophischen Medizin – und gehörten nicht in die notwendige Coronadebatte.

Auch anthroposophische Medizinerinnen und Mediziner haben sich an regionalen Notfallplänen zur Behandlung von Covid-19 und der Bekämpfung der Pandemie beteiligt. „Es geht darum, stärker miteinander ins Gespräch zu kommen und eine Debatte zuzulassen, die auch kritisch auf manches im Umgang mit der Pandemie schauen wird“, sagt Matthias Girke, Facharzt für Innere Medizin und Vorstandsmitglied im DAMiD. „Das hat nichts mit Verschwörungstheorien zu tun, sondern mit einem ergebnisoffenen Diskurs, der für eine moderne Gesellschaft selbstverständlich sein sollte.“ Lars Klaaßen