Sparsam gegen Sanierungsstau

Trotz 120 Millionen für Kliniken gibt es in Niedersachsen Kritik

Niedersachsens Krankenhäuser kosten Geld. Viel Geld. Der Beschluss des Landeskabinetts von Anfang der Woche, 120 Millionen Euro für Baumaßnahmen an den Kliniken freizugeben, klingt also erst einmal gut. Der Programmentwurf aus dem Krankenhausplanungsausschuss des Gesundheitsministeriums werde dem Landtag zur Stellungnahme zugeleitet, teilte die Staatskanzlei von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) mit.

Das 120 Millionen schwere Investitionsprogramm teilt sich in 18 Projekte. Das Städtische Klinikum Braunschweig bekommt mit 29 Millionen den größten Förderbrocken ab, für eine Betriebsstellenzusammenführung, das Klinikum Robert Koch in Gehrden mit einer Million den kleinsten, für einen Teilneubau.

Es gehe um die „Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft in den Regionen“, begründet das die Staatskanzlei. „Für Niedersachsens Patientinnen und Patienten soll auch in Zukunft eine hochmoderne, wohnortnahe und gut aufeinander abgestimmte stationäre Versorgung bereitstehen.“ Eine „flächendeckende und gut ausgestattete Krankenhauslandschaft“, sagt die niedersächsische Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD), sei „ein hohes Gut“. Unter ihrem Vorsitz hatte der Ausschuss den Vorschlag erarbeitet.

Lars Leopold, Landesvorsitzender der niedersächsischen Linken, sieht die 120 Millionen, so imposant sie sich anhören, anders: „Angesichts des Investitionsstaus in Milliardenhöhe in unseren Krankenhäusern ist die Landesförderung nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt er der taz. „Eine nachhaltige Unterstützung von Klinikstandorten und damit der flächendeckenden und wohnortnahen Gesundheitsversorgung sieht anders aus.“

Hanno Kummer, Leiter der niedersächsischen Landesvertretung des Verbands der Ersatzkassen (VDEK) Hannover, sieht das genauso: „Die vom Land jährlich zur Verfügung gestellten 120 Millionen Euro reichen nicht einmal für die Weiterfinanzierung bereits begonnener Maßnahmen.“ Bei der Finanzierung der mit dem Land beschlossenen Baumaßnahmen klaffe eine Lücke von zwei Milliarden Euro. Die Leidtragenden seien die PatientInnen.

Gemeinsam mit allen übrigen im Krankenhaus-Planungsausschuss vertretenen Organisationen, von der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft bis zur Kassenärztlichen Vereinigung, stellt Kummers VDEK dem Land ein alarmierendes Zeugnis aus: Notwendig sei eine dauerhafte Anhebung des jährlichen Investitionsprogramms des Landes für Baumaßnahmen auf mindestens 250 Millionen Euro ab 2022. „Seit 20 Jahren hat das Land die Investitionsmittel nicht erhöht“, sagt Kummer. „Der Anteil der Investitionen an den Gesamtkosten liegt nur noch bei 3,1 Prozent. 7 bis 8 wären erforderlich.“ Sind 120 Millionen Euro viel? Klar. Aber es kommt drauf an, was sie leisten sollen. Harff-Peter Schönherr