Biosphärenreservat Hamburg

UMWELT Der Naturschutzverband Göp schlägt vor, einen großen Teil der Stadt als besondere Natur- und Kulturlandschaft bei der Unesco anzumelden

Für die Bauern wäre der Schutz kein Schaden: Sie könnten Fördergeld an Land ziehen

Die Niederelbe in und um Hamburg ist eine der artenreichsten Gegenden Deutschlands und wegen ihrer Geographie außerdem eine besondere und vielfältige Kulturlandschaft. Um beides zusammen zu schützen, hat die Gesellschaft für Ökologische Planung (Göp), ein anerkannter Naturschutzverband, jetzt vorgeschlagen, mitten im Stadtstaat ein Biosphärenreservat einzurichten. „Mit der Elblandschaft in Hamburg soll eine einzigartige Natur- und Kulturregion von besonderer Vielfalt und Schönheit gesichert werden“, sagt Göp-Geschäftsführer Kai Schmille. Die Voraussetzungen dafür seien gegeben, das belege eine Machbarkeitsstudie seines Verbandes.

„Biosphärenreservate“ oder „Biosphärengebiete“ gehen auf ein Programm der Unesco, der Bildungs- und Kulturorganisation der Vereinten Nationen zurück, das den Schutz natürlicher Lebensräume mit deren nachhaltiger Nutzung zusammenzubringen versucht. Mit der niedersächsischen Elbtalaue liegt ein solches Biosphärenreservat seit zehn Jahren vor Hamburgs Haustür. „Ein Biosphärengebiet in Hamburg wäre das urbanste, das es bisher gibt“, sagt Schmille.

Zusammen mit seinen Kollegen hat er einen Flickenteppich von Gebieten zusammengenäht, der knapp auf die von der Unesco geforderte Mindestgröße von 300 Quadratkilometern kommt: Dazu gehören die Vier- und Marschlande und das Alte Land einschließlich ihrer Dörfer, aber auch die Fischbeker Heide, die Boberger Niederung, der Wilhelmsburger Osten und die Rissener Feldmark. Darin lägen als Inseln dicht bebaute Wohngebiete, Hafen- und Gewerbeflächen.

Hamburg, dessen Naturschutzgebiete ohne den Nationalpark Wattenmeer einen Anteil von 8,5 Prozent der Landesfläche ausmachen, könne auch die erforderlichen Schutzkategorien vorhalten, argumentiert die Göp. Denn mindestens drei Prozent des Gebiets muss eine streng geschützte Kernzone ausmachen. Zusammen mit einer Naturschutzpflegezone wären 20 Prozent der Nutzung entzogen. Weitere 50 Prozent der Flächen müssten auf lange Sicht naturverträglich genutzt werden.

In dem gesamten Gebiet wären Bauprojekte nicht ausgeschlossen, sagt Schmille. „Aber die Standards werden höher.“ Der Schutz zwänge den Senat, sparsam mit der Fläche umzugehen. Für die Nutzer, etwa die Bauern, wäre der Schutz kein Schaden, im Gegenteil: Sie könnten mit dem Etikett „Biosphärengebiet“ für ihre Produkte werben, Touristen anlocken und Fördergeld an Land ziehen.

Die Göp hat ihre Machbarkeitsstudie bereits an die betroffenen Akteure verschickt und versteht das als „Aufruf zu einem offenen Gespräch“. Schmille hofft, dass sich das Projekt auf der Basis eines zivilgesellschaftlichen Konsenses von unten her in die verfasste Politik tragen lässt.  GERNOT KNÖDLER