Letzte Chance Pittsburgh

REFORMEN Das globale Krisenmanagement hat bislang wenig erreicht

BERLIN taz | Nicht weniger als eine neue globale Finanz- und Wirtschaftsarchitektur hatten sich die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G 20) zum Ziel gesetzt, als sich ihre Regierungschefs im vergangenen November zu ihrem ersten Gipfel in Washington trafen. Ein hehres Ziel. Doch auch auf dem zweiten Gipfel Mitte April ist man dem nicht näher gekommen. Der Gipfel Ende September in Pittsburgh soll dies nun ändern.

Pittsburgh dürfte die letzte große Chance sein, unter dem Eindruck der Krise weitreichende Reformen anzuregen, schreibt Henrik Enderlein, Ökonomieprofessor an der Hertie School of Governance in der Financial Times. Enderlein befürchtet, dass der Reformeifer unter dem Eindruck einer wirtschaftlichen Erholung deutlich nachlassen wird. So bezeichnet er es als „unzureichend“, dass angesichts der mangelhaften Finanzaufsicht mit dem Financial Stability Board (FSB) ein neues Koordinationsforum geschaffen wurde und auch der Internationale Währungsfonds (IWF) als weiteres Kontrollgremium gestärkt werden soll. Denn der IWF wurde auch bisher schon zu stark von gewissen nationalstaatlichen Interessen bestimmt. Das würde bei einer Reform nicht grundsätzlich anders sein. Enderlein plädiert deshalb für die Schaffung eines unabhängigen internationalen Sekretariats für globale Finanz- und Währungsfragen.

Kapitalpuffer

Immerhin wollen sich die G-20-Vertreter in Pittsburgh auf strengere Eigenkapitalregeln für Banken einigen. Nach dem Vorbild von Spanien, dessen Banken bisher weitgehend ungeschadet durch die Krise gekommen sind, sollen alle Banken künftig dazu verpflichtet werden, in guten Zeiten einen Kapitalpuffer für wirtschaftliche Schwächephasen anzuhäufen. Doch wer gute und schlechte Zeiten definiert und wer Eigenkapital, Hebel und Risiko von Banken durch den Zyklus steuern soll, ist noch offen.

Was Frankreich und Deutschland besonders auf den Nägeln brennt, von anderen Ländern aber eher als „unwichtig“ belächelt wird, sind die Obergrenzen von Managergehältern. Großbritannien und die USA haben sich gegen eine solche Begrenzung ausgesprochen. Allenfalls eine Einigung über das Verhältnis zwischen Fixgehältern und Boni scheint möglich.

Die Debatte über die zentralen Ursachen der Krise hingegen dürfte in Pittsburgh wohl außen vor bleiben. So wie schon in London das enorme Handelsungleichgewicht vor allem zwischen China und den USA nicht thematisiert wurde – ein wesentlicher Grund für die Verschuldung der US-Amerikaner –, werden auch die Exportnationen Deutschland und Japan alles dafür tun, dass die ungleichen Handelsbilanzen in Pittsburgh nicht zur Sprache kommen. FLEE