Mitarbeit gut, Verhalten mangelhaft

Beim Mainzer Erfolg fällt Trainer Bo Svensson erneut ungünstig auf. Die Bochumer führen eine Elfer-Posse auf

Hart umkämpftes Spiel: der Mainzer Karim Onisiwo (l.) und Armel Bella Kotchap beharken sich Foto: dpa

Aus Mainz Frank Hellmann

Bereits vor einigen Wochen hatte Bo Svensson sich selbst zu erhöhter Aufmerksamkeit ermahnt. Die Hinrunde war noch in vollem Gange, da hatte der an die impulsive Anfangszeit seines prägenden Lehrmeisters Thomas Tuchel erinnernde Trainer des FSV Mainz 05 bereits drei Gelbe Karten eingesammelt. Wegen Reklamierens bei den Schiedsrichtern oder Streitereien mit der gegnerischen Bank. Nun ist ausgerechnet der öffentlich so besonnene Däne der erste Bundesliga-Coach, der nach der vierten Gelben Karte einmal aussetzen muss.

Jener nicht unumstrittene Passus war 2019/2020 in den deutschen Lizenzligen eingeführt worden. Selbst ein emotionaler Einpeitscher wie Steffen Baumgart erhielt in jener Spielzeit beim SC Paderborn nur drei Verwarnungen. Svensson holte sich nun beim schwer erkämpften Heimerfolg gegen den VfL Bochum (1:0) nach einem kurzen Disput mit dem Vierten Offiziellen Florian Heft von Schiedsrichter Frank Willenborg seine vierte Verwarnung ab – und fehlt am Samstag bei der SpVgg Greuther Fürth. Sein Fehlverhalten basiere zwar diesmal auf einem „Missverständnis“, beteuerte der Nullfünfer-Coach, räumte aber ein: „Das ist nicht eine Gelbe Karte, sondern es sind vier – das ist nicht so optimal.“

Der 42-Jährige ist gewillt, in der Coaching Zone eine bessere Balance zu finden. „Ich bin als Trainer immer noch am Anfang, muss auch Sachen lernen, habe Bereiche, in denen ich mich verbessern muss. Das ist einer davon“, hatte er bereits nach dem zwölften Spieltag zugegeben. Die Freude über den Arbeitssieg gegen robuste Reviergäste trübe seine nun als Novum in den Annalen verewigte Sperre „nullkommanull“, betonte Svensson noch. Ähnlich äußerten sich seine Spieler: Ihr Trainer sei inzwischen schon lange genug da, jeder wisse, was zu tun sei.

Wie zum Beleg hatte der mehr als ein Vierteljahr wegen einer schweren Schulterverletzung fehlende Jeremiah St. Juste beim Comeback nicht nur eine tadellose Leistung gezeigt, sondern der aufgerückte Verteidiger erzielte nach Vorlage des angeblich unverkäuflichen U21-Nationalstürmers Jonathan Burkardt das einzige Tor (48.). „Ich bin schneller zurück als erwartet – und mit der Schulter ist alles fein“, freute sich der Niederländer, der zum Beleg vor dem Reporterpulk den Hampelmann machte. Nicht minder fidel kam auch Torwart Robin Zentner daher, der bei einem Elfmeter von Sebastian Polter ins richtige Eck sprang (32.).

„Ich habe Bereiche, in denen ich mich verbessern muss“

Bo Svensson, Mainzer Trainer

Vor der Ausführung hatten beim ansonsten so auf Harmonie bedachten Klassenneuling zwei Offensivkräfte wie Kinder auf dem Schulhof gestritten. Zunächst schnappte sich Milos Pantovic den Ball. Die Reihenfolge sei „nicht klar definiert: Ich hätte gerne geschossen.“ Der selbst gefoulte Polter nahm seinen Mitspieler den Ball mit dem Argument aus den Händen: „Ich will Tore schießen, ich bin Stürmer! Elfmeter ist nun mal der schnellste Schuss zum Tor.“ Dumm nur, wenn solch ein schwaches Schüsschen herauskommt.

Einen festen Schützen, erklärte Bochums Trainer Thomas Reis hinterher, gebe es nicht. Ausdrücklich festgelegt habe er nur, wer bitte nicht mehr antritt: Torwart Manuel Riemann, der in einem Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim den Ball über die Latte drosch wie einst Uli Hoeneß im EM-Finale 1976. Reis hat eine recht pragmatische Sichtweise auf die Posse: „Ich bin froh, dass wir viele mündige Fußballer haben. Vielleicht brauchen wir am Dienstag mehrere Elfmeterschützen.“ Bochum und Mainz treffen nämlich im DFB-Pokal-Achtelfinale (Dienstag 20.45 Uhr) gleich wieder aufeinander. Im Ruhrstadion erwartet der VfL-Coach „ein ähnliches Kampfspiel mit einem engen Ergebnis“.

Dass es zum Elfmeterschießen kommt, scheint nicht abwegig: Einen Tag vor Heiligabend 2020 setzte sich Bochum auf diesem Wege im Pokal bei den Rheinhessen durch. Die damals kriselnden Mainzer brachten nicht einen einzigen Versuch aus elf Metern im Tor unter. Daraufhin machten die Mainzer die Rückholaktion von Bo Svensson perfekt.