Kompetenz macht dauernd Ferien

Nach dem jüngsten Schulleiterbrief zum Büchergeld reißt Kritik an Senatorin Dinges-Dierig nicht ab. Behörde bleibt hart: Schulvereine sollen Bücher für Arme bezahlen. Elternkammer fordert sofortiges Korrekturschreiben

Der Skandal um die Härtefallregelung für gering Verdienende beim Büchergeld schlägt Wellen. Wie die taz berichtete, teilte die Bildungsbehörde den Schulleitern zwei Tage vor den Ferien mit, dass dies „vorrangig“ von den Schulvereinen bezahlt werden soll. Gestern nun ließ Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) über ihren Sprecher Thomas John verkünden, der Brief enthalte „unglückliche Formulierungen“ und sie habe von dem Schreiben nichts gewusst. Fortan wolle sie alle Briefe zum Büchergeld lesen.

Allerdings folgt dieser Einsicht keine Korrektur. „Es gibt kein neues Schreiben“, sagte John der taz. Denn für Schulvereine in sozial benachteiligten Gebieten gebe es bereits „Zuschüsse“ von der Stadt, die „für die Förderung von Härtefällen“ gedacht seien.

„Das geht nicht“, erwidert Klaus Wendtland vom Verband der Hamburger Schulleitungen. Denn die gewährten Zuschüsse, die für seine im sozial schwachen Gebiet Altona-Altstadt gelegene Schule Königstraße zuletzt 1.500 Euro betrugen, seien „nicht für Lernmittel“, sondern für „originäre Aufgaben des Schulvereins“ gedacht. Dazu zählten Projekte, Sportfeste und Klassenreisen.

„Es ist nicht Aufgabe der Schulvereine, die Fehler der Bildungsbehörde auszubügeln“, schrieben gestern auch Anne Pinkepank und Birgit Dähn vom Vorstand der Elternkammer und forderten Dinges-Dierig auf, die Anweisung „zu überarbeiten“. „Man möchte hier ‚Haltet den Dieb!‘ hinterherrufen“, erklärte gar FDP-Schulpolitikerin Sylvia Canel. Schulvereine seien freiwillige Einrichtungen der Eltern und könnten nicht einfach „zur Sanierung des Haushalts in die Pflicht genommen werden“.

Mysteriös ist auch die Entstehung des Briefes, der teilweise ohne Unterschrift von der Rechtsabteilung „V3“, teilweise mit dem Namen von Schulaufsichtsleiter Norbert Rosenboom in Umlauf gelangte. In Schulleiterkreisen wird berichtet, dass selbst Rosenboom von dem Brief nichts wusste und seine Unterschrift eingescannt wurde.

Die GAL-Fraktion sieht in dem Vorfall „neuerliche Hinweise“ für Dinges-Dierigs Überforderung. „Kompetenz“, so höhnt der Abgeordnete Christian Maaß, habe an der Bildungsbehördenspitze „offenbar Dauerferien“. Sei es doch schon bisher Dinges-Dierigs Aufgabe gewesen, wichtige Briefe, die ihre Behörde verschickt, selbst zu lesen. Maaß: „Wer nicht erkennt, was Chefsache ist, dessen Führungsqualitäten reichen nicht aus.“ Die Senatorin solle gegenüber Schulen „schriftlich klarstellen“, wie die Härtefallregelung gehandhabt wird. Kaija Kutter