KURZTRIP (3)
: Landeanflug

Ich hielt meine Eingeweide fest

Ich versuchte, an Rundes zu denken, an Wasserbälle und Margarinedosen. Der Schweiß war kalt, die Maschine fiel in ein Luftloch, der Boden dehnte sich, mein Magen zog sich zusammen, dann wurde der Kurs ruhiger.

Ein Signal ertönte. Eine Flugbegleiterin erschien und führte sinnlose Handlungen vor. Sie zwinkerte mir zu, ich war der Einzige, der die Vorführung beobachtete. Meine Sitznachbarin hatte sich in den Sitz gewinkelt und schlief. Es war nicht mein erster Flug, an die genaue Anzahl konnte ich mich aber nicht mehr erinnern. Ein Bonusheft gab es nicht.

Die Flugbegleiterin verschwand hinter einem Vorhang. Das Flugzeug drehte sich in die Sonne, die irre in die Maschine schien. Dann knisterte die sonore Stimme des Kapitäns durch die Bordlautsprecher, sanft und beruhigend. Es sei alles in Ordnung. Höhe und Luftdruck normal, desgleichen Flugrichtung und Außentemperatur. Übergang in den Sinkflug. Bald wurde die Stadt erkennbar, die unser Ziel war, sie gab sich als Miniatur aus. Wieder Wellblechdächer, die in der Sonne glänzten, eine neue Architektur, ein breiter Platz im Zentrum, die sich netzartig ausbreitenden Straßen im Schatten. Menschen erkannte man keine. Im Hintergrund schimmerte das Meer. Ein neuer Signalton forderte zum Anschnallen auf, der Flieger zog eine Spirale über das verschimmelt aussehende Meer und verlor gleichmäßig an Höhe. Die Fensterbilder begannen zu schaukeln, die Häuser kamen näher, die Kreise wurden enger. Ich krampfte mich in den Gurt, hielt meine Eingeweide fest, wandte mich von den Fenstern ab. Als die Maschine rumpelnd aufsetzte, starrten alle ehrfürchtig nach vorne, Angst und Verstörung in den Gesichtern. Enormes Quietschen. Harter Aufprall. Die Maschine drückte sich auf den Asphalt, fing sich und rollte wie selbstverständlich in Richtung Parkposition aus. RENÉ HAMANN