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Schon in Viertelfinale der French Open kommt es zum Duell von Rafael Nadal gegen Novak Djokovic. Favorit in dem Tennis-Klassiker der Neuzeit ist diesmal der momentan so formstarke Serbe

Kraftvoll auf dem Platz, zurückhaltend daneben: Service Rafael Nadal Foto: reuters

Aus Paris Klaus Bellstedt

Es ist immer so eine Sache mit dem Draw, der Auslosung der ersten Runde, bei den großen Tennis-Turnieren. Kaum stehen die ersten Paarungen fest schauen die Experten auf das, was später im Turnier so alles möglich ist. So war es auch vor dem Beginn des zweiten Grand-Slam-Turniers des Jahres. Würden sich Novak Djokovic und Rafael Nadal bei den French Open vom Start weg schadlos halten, wäre ein Treffen der beiden dieses Mal schon im Viertelfinale möglich. Und jetzt ist es wirklich so gekommen. Am Dienstag steigt dieser Tennis-Klassiker der Neuzeit.

Da diese exquisite Paarung aber immer noch nach Endspiel klingt, elektrisiert das Match die Fans auf der Anlage im Stade Roland Garros wie eh und je. Eine Sache ist aber doch anders. Erstmals geht der 35-jährige Spanier, der die French Open seit 2005 13 Mal gewinnen konnte und der in Paris überhaupt erst drei Matches verloren hat, nicht als Favorit in die Partie. Das liegt an den vergangenen Wochen, die auch für den gleichaltrigen Djokovic von immenser Bedeutung waren.

Nadal startete furios in die Saison und gewann nach einer langen Verletzungspause zur Überraschung der Tenniswelt die Australian Open. Es gelang ihm kurz danach noch der Turniersieg in Acapulco. Aber dann, beim Event in Indian Wells, brach er sich den Rippenbogen und fiel lange aus. Zur Sandplatzsaison in Europa kehrte der 21-malige Major-Sieger zunächst zurück und feierte sein Comeback, aber beim Turnier in Rom vor drei Wochen meldete sich der chronisch-kranke Fuß wieder.

Nadal spielte sein Viertelfinale zwar zu Ende, konnte sich am Ende aber kaum noch bewegen, so große Schmerzen bereitete ihm der linke Fuß. „Ich bin nicht verletzt. Ich bin ein Spieler, der mit einer Verletzung lebt“, parierte er danach die Fragen. „Manchmal ist es schwer, das zu akzeptieren“, sagte Nadal noch. Vier Runden hat der Spanier in Roland Garros jetzt gespielt und bis auf das Fünfsatz-Match gegen den Kanadier Félix Auger-Aliassime im Achtelfinale ist er recht souverän durch das Turnier gekommen. Die Angst spielt aber jedes Mal mit. Nadal tritt auf den Pressekonferenzen ernster als sonst auf, die Statements sind knapper. „Mal schauen, wie mein Körper nach dem Aufwachen reagiert.“Der Satz fiel in Paris in diesem Jahr schon mehrfach.

Zum zehnten Mal treffen sich Nadal und Djokovic am Dienstag auf dem rostroten Sand von Roland Garros. Der Spanier liegt im Direktvergleich mit 7:2 weit vorne, aber schon im vergangenen Jahr unterlag er hier dem Weltranglisten-Führenden im Halbfinale. Dass das Pendel selbst in Paris mehr und mehr in Richtung Djokovic ausschlägt, liegt aber auch am Serben selbst. Der 35-Jährige hat die Visa-Farce aufgrund seines Impfstatus während der Australian Open genauso gut überstanden wie seine Verbannung von den großen Turnieren in den USA. „Wir haben einen klaren Plan dabei gehabt, Novak Stück für Stück an die French Open heranzuführen“, sagte sein Trainer Goran Ivanisevic bei einer kleinen Medienrunde in Paris. Nach vier gespielten Matches und bisher keinem abgegebenen Satz muss man festhalten: Der Plan seines Teams ist aufgegangen. Djokovic wirkt extrem fit und scheint auch mental so stabil, ein möglicherweise hartes und langes Match gegen Nadal durchzustehen.

Es sei die größte sportliche Herausforderung, hier in Paris auf Sand gegen Nadal antreten zu müssen, sagte er nach seinem Achtfinal-Sieg über Diego Schwartz­man gewohnt demütig. Zum 59. Mal treffen sich Djokovic und Nadal am Dienstagabend auf dem Court Philippe Chatrier, dem drittgrößten Tennis-Stadion der Welt. In der Ewigkeitsstatistik hat der Serbe zwei Siege mehr auf seinem Konto. Djokovic – eigentlich unvorstellbar, weil es Roland Garros ist – geht als Favorit in dieses Spiel. Und es scheint so, als habe Nadal seine neue Rolle in diesem Duell ebenfalls angenommen. „Vor zweieinhalb Wochen wusste ich noch nicht mal, ob ich in Paris antreten kann“, dämpfte er die Erwartungen der Tennis-Welt. Er sei lediglich hier, um von Match zu Match zu schauen. Und abgesehen davon könne jedes Spiel hier auch das letzte seiner Karriere sein, sagte Nadal weiter. Taktieren können beide Superstars wirklich exzellent.