Mirjam Blumenthal

Die Gewalt der Neonazis hat die SPDlerin nie eingeschüchtert

Foto: imago

Mirjam Blumenthal wurde 1989 mit 16 Jahren das erste Mal von Neonazis zusammengeschlagen. Damals war das südliche Neukölln offenes Aufmarschgebiet vieler rechtsextremer Skinheads. An der Britzer Fritz-Karsen-Schule herrschte Alltagsrassismus und fast so was wie ein rechtsextremer Mainstream. Von den gekippten Verhältnissen berichtete die damals schon engagierte Blumenthal in einem taz-Interview. Zusammen mit einer Freundin sprach sie über rechtsextreme Schlägergangs an den U-Bahnhöfen in Britz, rechten Allmachtsfantasien nach Wahlerfolgen der Republikanern und rechts-offenen Subkulturen.

Blumenthal engagierte sich damals bei der SPD-nahen sozialistischen Jugendorganisation die Falken. Auch deswegen brachten die Faschos in ihrer Klasse rechte Sprüche oder antisemitische Lieder, um sie zu ärgern. Zum Beispiel: „Ein Jude steht im Walde, da kommt ein Panzer und fährt ihn um.“ Sie sagte dazu: „Bei Diskussionen bin ich immer die Einzige, die was gegen deren Sachen sagt.“ Auch deswegen lauerten zehn Jugendliche mit Doc Martns und Bomberjacken damals vor ihrer Haustür. Sie entkam knapp, etwas später hatte sie weniger Glück.

1991 beging der ebenfalls in Südneukölln aufgewachsene spätere NSU-Unterstützer Carsten Szczepanski einen Brandanschlag auf einen Falken-Bus. Als der NSU sich 2011 selbst enttarnte, stand Blumenthals Name auf der Feindesliste des NSU-Kerntrios. Auch die Falken blieben über die Jahre ein Anschlagsziel für Neonazis: 2011 gab es zwei Brandanschläge auf das Falkenhaus, die auch zur Neuköllner Anschlagserie zählen. 2017 wurde Blumenthals Auto angezündet, die heute 49-Jährige hat bis heute unzählige Morddrohungen erhalten. „Das macht Angst, aber einschüchtern lasse ich mich dadurch nicht. Wir müssen diese Demokratie schützen“, sagt sie, trotz allem.

Seit Herbst ist Blumenthal für die SPD Bezirksstadträtin für Jugend und Gesundheit in Neukölln. Auch sonst hat sie einiges erreicht: Dass sich die Fritz-Karsen-Schule mittlerweile zur „Schule ohne Rassismus“ gemausert hat, ist auch Engagierten wie ihr zu verdanken. (taz)