Die Gesichter der Maori

Unter den Maori in Neuseeland (Aotearoa) hatte die Gesichtstätowierung (in der Sprache der Maori „moko“) eine ganz besondere Bedeutung. Denn der Kopf gilt als der heiligste Teil des Körpers. Nur Maori mit hohem sozialem Status durften solche Tätowierungen tragen, die ihnen von tohunga tā moko („Tätowierungsspezialisten“) verliehen wurden. Tohunga benutzten einen so genannten Uhi, einen hölzernen Meißel aus Albatros- oder Walknochen, auf den sie mit einem Hammer schlugen, um die charakteristischen Maori-Muster zu schaffen, die wie Rillen in der Haut aussehen.

Maori ließen ihre Gesichter markieren, um ihren Rang anzuzeigen, ihre kriegerischen Leistungen, ihre Position, ihre Abstammung und ihren Familienstand. Die ­tintenfarbenen Muster enthielten vorwiegend Spiralen und geschwungene Formen, die auf acht Gesichtspartien verteilt waren, von denen jede eine eigene Bedeutung hatte. Maori-Frauen trugen auch hellere Tätowierungen auf ihrem Kinn, ihren Lippen und ihren Nasenlöchern.

Die Moko-Kunst wurde so sehr verehrt, dass die Köpfe prominenter Persönlich­keiten nach dem Tod als Mokomokai aufbewahrt wurden. Befanden sie sich im Besitz der Familien der Ver­storbenen, wurden sie in kunstvollen Kisten verwahrt und ehrfürchtig behandelt. Man glaubte, dass das Moko­mokai eines ver­storbenen Führers diesem ­erlaubte, in der ­Gemeinschaft aktiv zu bleiben.

Später wurden ­Mokomokai an ­europäische Entdecker und Reisende ­verkauft, die diese Köpfe als Kuriositäten betrachteten. Der Markt für Maori-Köpfe führte dazu, dass Menschen zum Teil „auf Bestellung“ ­tätowiert, getötet und danach geköpft wurden. Dieser makabere Handel wurde erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verboten.

Seit einigen Jahren erlebt das Ta Moko in Neuseeland einen Aufschwung. Während das ­traditionelle Kopf-T­attoo unter Männern noch immer vergleichsweise selten zu sehen ist, lassen sich Maori-Frauen gerne eine ­Kinntätowierung anbringen. Die bekannteste Trägerin eines solchen ­Tattoos ist Neuseelands ­Außenministerin ­Nanaia ­Mahuta. (uw)