Trump-Kritikerin Cheney verliert

Liz Cheney unterliegt bei den Vorwahlen der Republikaner Trumps Kandidatin Harriet Hageman

Aus New York Dorothea Hahn

Vor einem Acker mit Heuballen, auf dem während ihrer Rede die Sonne unterging, gestand Liz Cheney am Dienstagabend ihre erwartete Niederlage bei den Republikanischen Primaries in Wyoming ein. Doch die Abgeordnete zeigte sich kein bisschen niedergeschlagen. „Wenn ich die Lügen von Präsident Trump über die Wahlen von 2020 mitgemacht hätte und wenn ich mich an seinen Bemühungen beteiligt hätte, unser demokratisches System zu zerschlagen“, sagte sie, „hätte ich mit Leichtigkeit wieder die 73 Prozent der Stimmen bekommen, die ich vor zwei Jahren hatte.“

Die prominenteste Trump-Kritikerin der Republikaner hat bei den Primaries in Wyoming nur rund 29 Prozent der Stimmen bekommen. Ihre von Trump unterstützte Herausforderin Harriet Hageman gewann mit rund 66 Prozent haushoch. In dem Bundesstaat, in dem fast zwei Drittel republikanisch wählen, ist Hageman damit der Sieg bei den Midterms im November gewiss. Für Trump ist Cheneys Niederlage ein weiterer Erfolg seines Rachefeldzuges gegen Republikaner im Repräsentantenhaus, die nach dem Kapitolsturm für seine Amtsenthebung gestimmt haben. Zugleich bestätigt dies seine Kontrolle der Partei.

Auch in Alaska hat Trump seine Vasallen ins Rennen geschickt. Wegen Auswertung der Briefwahl liegt das Ergebnis noch nicht vor. Aber zwei Dinge stehen schon fest: im November wird in Alaska eine Trumpistin gegen die langjährige moderate republikanische Senatorin und Trump-Kritikerin Lisa Murkowski antreten. Auch die zur Trumpistin gewordene Ex-Gouverneurin und Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin ist wieder aufgetaucht. Sie kandidiert für Alaskas Sitz im Abgeordnetenhaus.

Auf die Wahlerfolge seiner Klone reagierte Trump mit neuen Anfeindungen gegen Cheney. „Sie soll sich schämen“, schrieb er. Und: „Sie kann nun im politischen Vergessen verschwinden.“ Doch Cheney denkt nicht daran, sich zurückzuziehen. Ihr größtes Ziel hat sie am Dienstag beschrieben: „Ich werde alles tun, was nötig ist, um zu verhindern, dass Donald Trump je wieder in die Nähe des Oval Office kommt.“ Bei ihrer Rede erinnerte sie zugleich an eine Lichtgestalt der republikanischen Geschichte, Präsident Abraham Lincoln: „Er wurde im Repräsentantenhaus und im Senat besiegt, bevor er die wichtigste aller Wahlen gewann und unsere Union rettete.“

Bis Anfang 2023 hat Cheney noch eine nationale Bühne als Vizevorsitzende in dem Ausschuss über den Kapitolsturm vom 6. Januar, der ab September wieder öffentlich tagt. Danach könnte sie ihr Glück als Präsidentschaftskandidatin einer Partei versuchen, deren starker Mann ihr den Krieg erklärt hat.

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