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verwählt
: In Niedersachsen geht’s um alles – außer ums Land

Die Energiekrise dominiert alles, die Landtagsdebatten und die Gedanken und Ängste der Wähler

Da ist sie nun also, die neueste Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag des NDR. Jeweils +1 Prozent für SPD und CDU. Die SPD käme damit auf 32 Prozent, die CDU auf 28 Prozent. Die Grünen verlieren genauso viel, wie die Großen gewinnen, und rutschen von 19 auf 17 Prozent, die FDP (–1) kratzt an der Fünf-Prozent-Hürde, die AfD (+2) gewinnt (ohne irgendetwas anderes zu tun, als sich selbst zu zerlegen). Und die Linken blieben mit 4 Prozent aus dem Spiel und aus dem Landtag.

Man kann ziemlich sicher davon ausgehen, dass keine dieser Verschiebungen viel mit Landespolitik zu tun hat. Die Energiekrise – auch das sagt die Umfrage – dominiert nicht nur die letzten Landtagsdebatten dieser Legislatur­periode, die gerade stattfinden, sondern auch die Gedanken und Ängste der Wähler. SPD und CDU gewinnen nicht, weil sie so großartige Arbeit gemacht haben oder so tolle Konzepte vorgelegt haben, sondern weil Menschen die Nummer sicher wählen.

Zusammen weiterregieren möchte trotzdem nur einer der beiden Partner. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) verkündet schon seit mehr als einem Jahr, dass er zurück will zu Rot-Grün. Jetzt muss er nur hoffen, dass es reicht, wenn die Werte der Grünen weiter dem sinkenden Stern Robert Habecks folgen.

Die CDU tut zwar gerade so, als würde sie sich eigentlich um die Oppositionsbank in Berlin bewerben, ihr Spitzenkandidat Bernd Althusmann arbeitet sich mit wachsender Begeisterung an der Ampel ab. Aber im Zweifelsfall würde sie sicherlich die eigene Großmutter verkaufen, um wieder mitspielen zu dürfen. Eine müsste nach dem letzten Mal ja noch übrig sein.

Viele andere Möglichkeiten als eine erneute rot-schwarze Koalition hat man nach dem aktuellen Stand nicht: Die Grünen halten sich ein Bündnis zwar aus verhandlungstaktischen Gründen offen – in Wirklichkeit gibt es aber kaum gemeinsame Schnittmengen, nur viele alte Konflikte und gut gepflegte Abneigungen.

Und die FDP ist ein fast tragisch zerrissener Fall: Einerseits setzt sie im Wahlkampf deutlich auf simples Schwarz-Weiß- bzw. Schwarz-Gelb-Denken – Atomkraft behalten, Förderschulen auch, damit macht sie sich aber bei den Grünen unmöglich und eine Mehrheit gäbe es gerade nur mit Jamaika.

Andererseits wirft sie sich in die Brust, um die Ampelkoalition, speziell ihren Wirtschaftsminister und obersten Schuldenbremser Christian Lindner zu verteidigen. Jetzt muss sie wohl befürchten, dass sie damit nicht einmal genug ihrer Stammwähler mobilisiert, um überhaupt in den Landtag zu kommen – von den jungen, neuen Wählern, die ihr bei der Bundestagswahl noch zugelaufen sind, einmal ganz zu schweigen. Nadine Conti