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: „Ein kommerzielles Kino würdesich solch eine Reihe nicht leisten können“

Mit einer Reihe von über 100 Klassikern, fast jedem Tag einem Film und jedem nur einmal, vermisst Hannovers Kommunalkino subjektiv die ganze Welt seiner Kunst

Interview Wilfried Hippen

taz: Herr Knobloch-Ziegan, seit Anfang des Jahres läuft im Kommunalkino Hannover die Filmreihe „Die ganze Welt des Kinos!“. Täusche ich mich, oder ist das vor allem eine neue Verpackung fürs alte Konzept des Repertoirekinos?

Ralf Knobloch-Ziegan: Da täuschen Sie sich nicht. Es geht darum, ein neues Publikum für die Filmkunst zu gewinnen.

Warum braucht die dafür eine neue Verpackung?

Das Problem ist, dass Film oft gar nicht mehr als Kunstform wahrgenommen wird. Viele Menschen wissen heute etwa nicht mehr, was die Rolle eines Kommunalen Kinos ist. Wir bewahren ja das Filmerbe, und in dem Sinn sehe ich das Kommunale Kino auch als ein Filmmuseum.

Was außer dem Titel ist denn nun anders in Ihrem Programm?

Ich will die Vielseitigkeit des Kinos zeigen. Es gibt das minimalistische, das monumentale, das langsame und das schnelle Kino.

Sie ordnen die Filme entsprechend in Kategorien wie „Die Magie des Kinos“, „Aufbrüche des Kinos“ oder „Der lange Atem des Kinos“ ein: Nach welchen Kriterien haben Sie die Filme ausgewählt?

Ich versuche, das große Alte und das große Neue zusammenzubringen. Und dafür musste ich mir überlegen, wie ich das alles auf eine Reihe kriege. Eine Chronologie mit einem Film für jedes Jahr? Oder eine Ordnung nach Ländern oder Genres? Das geht alles nicht. Und dann habe ich nach diesen übergeordneten Begriffen gesucht.

Foto: privat

Ralf Knobloch-Ziegan

Jahrgang 1958, freier Kurator von Festivals, Medientagen und Filmreihen, ist seit 2015 Leiter des Koki Hannover.

Die Reihe besteht aus einer Mischung von populären und etwas schwierigeren Filmen. Da läuft „Casablanca“, aber auch „Der Spiegel“ von Andrej Tarkowskij. Das scheint eine kluge, aber auch subjektive Auswahl zu sein.

Ja, das Programm spiegelt auch meine Interessen und Vorlieben. Ich wollte zum Beispiel immer eine Tarkowskij-Retrospektive machen, und in diesem Monat zeige ich drei von seinen Filmen.

Insgesamt sind im Januar 21 Filme im Programm, darunter als neuster „The Dark Night“ von Christopher Nolan und als ältester „Der Blaue Engel“ von 1930. Warum zeigen Sie keinen Stummfilm?

Die Reihe läuft ja bis in den Juni, also ein halbes Jahr. Und im Februar zeigen wir dann auch den ersten Stummfilm: „Der müde Tod“ von Fritz Lang.

Warum nicht dessen bekanntesten Film „Metropolis“?

Ich versuche, auch mal neben der Spur zu gehen, aber dabei darauf zu achten, dass es immer noch interessant ist.

Filme in dieser Woche: Mo, 23. 1., 18 Uhr: Andrej Tarkowskij, „Serkalo“ (Der Spiegel, UdSSR 1975; Russisch); Di, 24. 1., 18 Uhr: John Huston, „African Queen“ (USA/GB 1951; OmU); Mi, 25. 1., 17 Uhr: Josef von Sternberg, „Der blaue Engel“ (D 1930); Kino im Künstlerhaus, Sophienstr. 2, Hannover. Monatsprogramm auf www.hannover.de

Bis Juni werden so bei Ihnen mehr als 100 Filmklassiker gezeigt werden. Alle nur einmal. Ist das nicht sehr aufwendig?

Wir zahlen durchschnittlich 200 Euro für die Kopie, und wenn ich Glück habe, kriege ich das mit dem Eintrittspreis auch wieder herein. Das ist nicht immer so, und ein kommerzielles Kino würde sich solch eine Reihe nicht leisten können. Wir wissen, dass sich viele Vorführungen nicht rechnen, aber genau das ist ja auch die Aufgabe eines subventionierten Kinos.

Sie machen also eine Art Mischrechnung?

Ja, zu den afrikanischen Filmen der Reihe „Der antikoloniale Blick des Kinos“ werden nicht viele kommen. Aber ich rechne damit, dass einige neugierig werden, weil sie sich sagen: Eine Filmreihe, in der „Spiel mir das Lied vom Tod“ gezeigt wird, kann nicht ganz schlecht sein.