Kapitän an der Abschussrampe

Louis Delahaye, der neue Bundestrainer der Triathleten, arbeitet in Saarbrücken unter optimalen Bedingungen.Am Samstag bei der deutschen Meisterschaft in Potsdam wird er beobachten können, wie weit seine Sportler sind

SAARBRÜCKEN taz ■ Draußen im Flur, gleich neben der Tür zum eher spartanisch eingerichteten Büro, hängt eingerahmt die Seite aus De Volkskrant. Hollands wichtigste Tageszeitung hatte unlängst eigens einen Reporter an den Olympiastützpunkt nach Saarbrücken geschickt, und was der anschließend über Louis Delahaye zu berichten hatte, war nun wirklich nur das Allerbeste: Der Landsmann, so jedenfalls fasste es das Blatt bereits im Titel zusammen, sei im Walhalla des Triathlons angekommen.

Louis Delahaye, 38 Jahre alt und von drahtiger Gestalt, sitzt hinter seinem Schreibtisch und kann dem Urteil aus der Zeitung nur lächelnd zustimmen. Seit Anfang des Jahres ist der Mann aus den Niederlanden Bundestrainer der Deutschen Triathlon Union (DTU) – und fühlt sich dabei tatsächlich ein bisschen wie im Paradies. „So eine Laufhalle wie hier in Saarbrücken haben wir in ganz Holland nicht“, sagt er zum Beispiel. Und auch für das neue Schwimmbad am Olympiastützpunkt findet er einen Superlativ: „Das Becken ist besser als das, in dem Pieter van den Hoogenband trainiert.“ Das ist nun in der Tat ganz hoch gegriffen, schließlich hat der Schwimmer van den Hoogenband dreimal Gold bei Olympia gewonnen und ist der große Sportstar des kleinen Landes.

Louis Delahaye grinst ein wenig, als er den Satz sagt – und er sagt gleich dazu, dass er wild entschlossen sei, diese „einmaligen Bedingungen“ zu nutzen, die sogar besser sind als die, die der große Pieter hat. Und deshalb fackelt der neue Chefcoach auch nicht lange, sondern sagt klipp und klar, wie er sich das vorstellt: „Ein sechster Platz bei Olympia ist für Deutschland zu wenig. Da müssen wir mehr bringen.“

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Der Holländer kritisiert damit keineswegs das Wirken seines Vorgängers, ganz im Gegenteil: Er möchte es kontinuierlich fortsetzen. Unter Ralf Ebli, der das Amt nach den Olympischen Spielen in Athen aus familiären Gründen aufgeben musste, haben die deutschen Kurzstrecken-Triathleten schließlich den lange ersehnten Anschluss an die Weltspitze geschafft, zumindest bei den Weltcuprennen. Dass ihnen das bis dato nicht bei den internationalen Meisterschaften gelungen ist, dürfte auch damit zu tun haben, dass eine WM oder gar Olympische Spiele doch noch mal ein ganz anderes Kaliber darstellen als eben Weltcuprennen. „In Zukunft müssen wir auch bei den absoluten Highlights vorne dabei sein“, fordert deshalb Delahaye und nennt das schlichtweg „die nächste Stufe der Rakete“, die es zu zünden gelte. „Das ist meine Aufgabe.“

Dabei ist ihm die DTU-Rakete, die er nun als Captain Louis steuert, keineswegs fremd oder auch nur neu. Vor knapp vier Jahren hat er Ralf Ebli schon einmal beerbt, damals in der Funktion des Nachwuchs-Bundestrainers. „Deshalb war es auch diesmal die logische Folge, dass ich erneut sein Nachfolger werde“, sagt der 38-Jährige, der zuvor schon als holländischer Nationaltrainer ein paar nette Erfolge gesammelt hat. Delahaye kennt sich also bestens aus in der DTU, er kennt ihre Funktionäre, ihre Strukturen und die Sportler sowieso. „Die größte Umstellung war mein Umzug von Holland nach Saarbrücken“, sagt er und grinst wieder, mittlerweile spricht er sogar ein paar Brocken Saarländisch.

Auf Carrell-Deutsch sagt der Holländer: „Ralf Ebli hat mir ein bestelltes Feld überlassen.“ Er sagt aber auch: „Jeder hat seinen eigenen Stil und setzt ein paar Schwerpunkte anders.“ Bei Delahaye soll das so aussehen: Lauf- und Schwimmtraining werden im Großen und Ganzen fortgeführt wie bisher (wobei für Ersteres nach wie vor Vorgänger Ebli zuständig ist), auf dem Rad aber soll sich doch das ein oder andere ändern, entsprechend der geänderten Rennstruktur auf der Kurzstrecke. „Das Radfahren ist wieder wichtiger geworden“, beschreibt Delahaye diese, hinzu komme, dass speziell bei Meisterschaften das Streckenprofil immer anspruchsvoller werde. „Bei immer mehr Rennen kommen die späteren Sieger aus einer Rad-Ausreißergruppe“, analysiert der neue Bundestrainer, über dessen Schreibtisch ein Poster von Jan Ullrich hängt. Entsprechend lautet seine Losung: „Wenn es zu so einer Ausreißergruppe auf dem Rad kommt, müssen mindestens zwei Deutsche dabei sein, sonst haben wir etwas falsch gemacht.“ Für das Training wiederum bedeute das: „Wir müssen auf dem Rad nicht mehr Kilometer machen als bisher, aber mehr Qualität“, vor allem sollen dabei Rennsituationen simuliert werden, um für den Ernstfall vorbereitet zu sein. Louis Delahaye nennt zuvorderst zwei Varianten. Erstens: „Möglichst frisch vom Rad zu steigen, um besser laufen zu können.“ Zweitens: „Auf dem Rad auch mal versuchen, die Läufer kaputtzufahren.“

So wahnsinnig viel Zeit, seine Ideen umzusetzen, bleiben dem Neuen dabei gar nicht. Zwar sind seine größten Ziele die Heim-WM 2007 in Hamburg sowie Olympia in Peking, doch bereits diesen September steht in Japan ebenfalls eine WM an. „Da werden wir sehen, wo die Rakete, die wir gezündet haben, landet“, sagt Louis Delahaye. FRANK KETTERER