Florida: „Don’t Say Gay“ im Namen des Staates

HB 1069, SB 266, SB 14 – Hinter den trockenen Kürzeln der US-amerikanischen Amtssprache verbergen sich Gesetze, die die Rechte von Abertausenden Menschen in den USA erheblich einschränken und einschränken werden. Während in sämtlichen Bundesstaaten der USA vor allem Republikaner derzeit versuchen, LGBTQI-Personen möglichst per Gesetz aus dem öffentlichen Leben zu stoßen und zu marginalisieren, ist Florida neben Texas aber ein weiterer reaktionärer Vorreiter in der Sache. Unter der Führung des republikanischen Gouverneurs Ron DeSantis verabschieden Senat und Abgeordnetenhaus des Staates derzeit ein LGBTQI-feindliches Dekret nach dem anderen. Doch worum geht es konkret bei den Gesetzestexten in Florida?

Die Stoßrichtung der neuen Gesetze dreht sich vor allem um die Bereiche medizinische Versorgung und Bildung. SB 1069 ist dabei das vielleicht bekannteste Dekret – unter Kri­ti­ke­r:in­nen und Be­ob­ach­te­r:in­nen auch als „Don’t Say Gay“ bekannt. Nach dem kürzlich von DeSantis unterschriebenen Gesetz ist es in Florida verboten, in öffentlichen Schulen über sexuelle Orientierung oder Gender­identität zu sprechen. Zunächst auf Erst- bis Achtklässler ausgelegt, wurde das Dekret kürzlich bis zur 12. Klasse, und damit bis zum Ende der High School in Florida ausgeweitet.

Hinter dem Namen „State Bill 254“ verbirgt sich eines der wohl radikalsten Gesetze, das gegen Transpersonen und deren Angehörige in den USA verabschiedet wurde. SB 254 verbietet nicht nur jegliche geschlechtsbejahende Behandlung von Minderjährigen, sondern stellt diese auch unter Strafe. Behandelnde Me­di­zi­ne­r:in­nen können theoretisch für die Verabreichung von Hormonen oder Pubertätsblockern strafrechtlich belangt werden, neben Gefängnisstrafen droht ihnen zudem der Entzug ihrer Lizenz. Mindestens ebenso radikal sind die Konsequenzen für die Minderjährigen und ihre Eltern, denn nach SB 254 haben der Bundesstaat Florida und das zuständige Jugendamt nun das Recht, Familien ihre Kinder wegzunehmen, wenn die Behörde nachweisen kann, dass sie sich in Behandlung befinden.

SB 1580 richtet sich ebenso an Me­di­zi­ne­r:in­nen und erlaubt diesen, aufgrund von „religiöser, moralischer oder ethischer Überzeugung“ ihre Dienste zu verweigern. Damit werden in erster Linie Transpersonen ins Visier genommen, die durch jenes Gesetz in Florida nicht mehr sicher sein können, dass sie medizinisch behandelt werden. Denn das Gesetz ist nicht auf geschlechtsbejahende Behandlungen beschränkt: Theoretisch könnte ein Arzt einer Transperson auch die Behandlung einer Lungenentzündung verbieten.

HB 1521 ist eine sogenannte Bathroom Bill, also ein Toilettengesetz, wie es schon in mehreren von Republikanern geführten US-Bundesstaaten in den Gesetzbüchern steht. Es verbietet Personen, Toiletten zu benutzen, die mit ihrer Geschlechtsidentität korrespondieren, sie aber nicht mit dieser geboren wurden. Zudem verbietet das Gesetz den Einbau von genderneutralen Toiletten in Einrichtungen, die bundesstaatliche Gelder kriegen, so wie in Schulen, Gefängnissen und medizinischen Bereichen.

Die hier beschriebenen Gesetze sind seit Anfang Mai in Florida rechtskräftig. Dem Gouverneur des Staats, Ron DeSantis, geht es dabei mit Sicherheit nicht nur um den sogenannten Kulturkampf im Land, sondern auch um weite Teile der republikanischen Wählerschaft in den USA. DeSantis hatte Ende Mai in einem technisch pannenreichen Webauftritt mit Elon Musk seine Kandidatur für die nächste US-Präsidentschaftswahl bekanntgegeben. Seine Angriffe auf die LGBTQI-Community stellen auch eine groteske Wahlkampfstrategie dar.

Johannes Streeck