Alexis Tsipras, der griechische Sieger von ganz links

WAHLEN Das Bündnis Syriza will den Euro behalten, aber keine Staatsschulden mehr begleichen

ATHEN taz | Der eigentliche Wahlsieger der griechischen Parlamentswahl heißt Alexis Tsipras, ist 39 Jahre alt und Chef im „Bündnis der radikalen Linken“ (Syriza). Seine Popularität – oder sein Populismus, wie Kritiker behaupten – haben das einstige Sammelsurium linker Splitterbewegungen zu ungeahnten Höhenflügen stimuliert. Syriza hat sogar die sozialdemokratische Pasok überholt.

Schon als Schüler war Tsipras in der kommunistischen Jugend organisiert. 1990/91 gehörte er als 18-Jähriger zu den Anführern von Schülerdemonstrationen gegen Kürzungen im Bildungsbereich. Damals wurde der damalige Chef der Linksallianz Synaspismos, Alekos Alavanos, zum ersten Mal auf den jungen Tsipras aufmerksam. Als er ihn 2006 zum Kandidaten für das Bürgermeisteramt der Stadt Athen kürte, kamen die Reaktionen im Parteivorstand einer mittleren Revolution gleich. Doch Alavanos hatte Erfolg bei seiner Personalwahl: Aus dem Stand holte Tsipras zehn Prozent. Als Alavanos zwei Jahre später gesundheitsbedingt zurücktreten musste, übernahm Tsipras die Parteiführung, rückte weiter nach links und öffnete die Allianz für Graswurzelpolitiker und Protestbewegungen. Heute sieht sich das Bündnis als Schwesterpartei zur deutschen Linkspartei.

Nach den Vorstellungen von Tsipras soll Griechenland in der Eurozone bleiben und die maroden Banken verstaatlichen. Die Renten sollen erhöht werden. Doch die Staatsschulden will der Linke nicht mehr bezahlen, was auf eine Pleite des Landes hinauslaufen würde. Wie das zusammengehen soll, hat Tsipras bisher nicht erklären können.

Wo Tsipras auftritt, erinnern sich ältere Semester an den sozialistischen Volkstribun Andreas Papandreou. Doch anders als der Sozialistenchef pflegt der linke Politiker eine einfache Lebensart, wohnt in einem schlichten Hochhaus im Autonomenviertel Exarcheia und schirmt sein Privatleben von der Öffentlichkeit ab, obwohl er als junger Vater vielleicht doch politisches Kapital daraus schlagen könnte.

JANNIS PAPADIMITRIOU