die dritte meinung
: Wir müssen geflüchtete afghanische Künstler besser und schneller integrieren

Unverändert werden Künstler und Kulturschaffende aus Afghanistan nach Deutschland evakuiert. Darunter sind auch Akademiker und Aktivisten. Sie bereichern Deutschland. Viele wohnen zwei Jahre nach ihrer Ankunft noch in Erst- und Übergangseinrichtungen. Sie haben somit keinen freien Kopf, wie es in Deutschland künstlerisch für sie weitergehen soll.

Öffentliche und private Kulturträger haben für Afghanistan neue Förder- und Stipendienprogramme aufgesetzt. Diese Programme sind für die Kulturschaffenden aber oft ein Dschungel. Es braucht dringend Aufklärung und langfristige Begleitung, wenn sie sich einbringen sollen. Es kann auch heilsam sein, Dinge offen anzusprechen. Die Konkurrenz im deutschen Kunst- und Kulturbetrieb um vorhandene Töpfe ist so groß und hart, dass selbst für hier Geborene oft keine Förderung herausspringt.

Ohne fließendes Deutsch geht gar nichts, hören die Evakuierten. Das stimmt, einerseits. Andererseits: Theater von oder mit migrierten Schau­spie­ler:in­nen, die mehrsprachige Ensembles hervorbringen, zeigen, dass es auch anders geht. Dies braucht es in der Breite. Denn der offizielle Kulturbetrieb sollte die sich wandelnde Gesellschaft auch institutionell abbilden. Neue Medienvielfalt ist nötig.

Unter den zugewanderten Afghanen sind auch viele Journalisten und Filmemacher. Könnten Redaktionsteams in Medienhäusern ihre Texte und Geschichten nicht über ein Team vorübergehender Übersetzer erzählen? Wir würden so von ihren starken Geschichten und beeindruckenden Lebenswegen erfahren. Beide Seiten würden Sprachlosigkeit und Unwissenheit ablegen.

ist Autor, Korrespondent und Dozent. Er berichtet aus Krisengebieten wie Afghanistan und dem Irak. Sein Dokumentarfilm „Generation Kunduz“ wurde weltweit ausgezeichnet.

Geflüchtete Ortskräfte aus Afghanistan dürfen hier sofort arbeiten. Ein Anrecht auf einen Integrationskurs haben sie nicht. Das ist ein Fehler. Das deutsche Bildungs- und Fördersystem muss ihnen von Anfang an transparent vermittelt werden. Nur so kann es faire und bessere Chancen geben – nicht nur für Afghanen. Diskriminierung bleibt sonst, zu Recht, ein Kritikpunkt.