zurück in die zukunft
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Auch eine Utopie: Die Frauen genießen, die Männer putzen Foto: Library of Congress

Ihre Aussicht passt Ihnen nicht? Sie hätten auf der Terrasse lieber Schatten, um den Teint zu schonen, oder einfach ganz gern den attraktiven Nachbarn vom Badezimmer aus im Blick? Mit dem „Maison tournante aérienne“ kein Problem. Dieses Haus dreht sich, wohin Sie wollen. Der französische Zeichner und Karikaturist Albert Robida entwarf es im Jahr 1883, als eine von vielen Ideen für das Alltagsleben im kurz bevorstehenden 20. Jahrhundert. An die fantastische Aussicht seiner rotierenden Villa Kunterbunt – selbst die Schornsteine ducken sich darunter weg – knüpften Mitte des 20. Jahrhunderts dann tatsächlich diverse Dreh­restaurants an: Futtern mit 360-Grad-Panormama, das gab und gibt es unter anderem in Düsseldorf und Wien, und auf dem Ostberliner Fernsehturm. Allerdings war auch diese utopische Idee im Grunde schon antik: Bereits Kaiser Nero soll im 1. Jahrhundert n. u. Z. auf dem Palatin in Rom beim Gelage seine Runden gedreht haben, schreibt der Kaiserbiograf Sueton: „Der Hauptspeisesaal war eine Rotunde, welche in einem fort Tag und Nacht sich wie das Weltall herumdrehte.“ Heute, im 21. Jahrhundert, kommt die Innovation aus der Provinz. In Heuchelheim bei Gießen zum Beispiel stehen zwei energieautarke Häuser, die sich immer dahin wenden, wo sie gerade Sonne für die ­Solarzellen oder kühlenden Schatten ergattern können. Da ist sie doch, die Energie-Wende! Gemütliche 30 Minuten dauert eine Umdrehung. Reihernd über der Brüstung, wie bei Albert ­Robida, hängt da niemand mehr. Aber es kommen auch keine fliegenden Fische mehr am Horizont dahergezogen – schade eigentlich.Dunja Batarilo

Zukunfts­bilder der ­Vergangenheit und was man aus ihnen lernen kann, erkunden wir hier in jeder Ausgabe