gutes vorbild
: Das Lied von den Moorsoldaten aus dem KZ Börgermoor soll immaterielles Kulturerbe werden

Das Lied „Die Moorsoldaten“ soll in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen werden. Das hat die Gedenkstätte Esterwegen beantragt, die für die „Emslandlager“ und damit auch für das KZ Börgermoor zuständig ist, wo das Lied entstand. Als Würdigung einer weltweit verbreiteten Hymne des antifaschistischen und des linken Widerstands ist dieser Antrag ein gutes Vorbild.

Die „Moorsoldaten“ waren Gefangene des KZs Börgermoor. Sie sollten das Moor trockenlegen und kultivieren. Mit ihren Spaten zogen sie deshalb ins Moor, wie es in dem Lied heißt. Es geht einerseits um die Befreiung aus der Gefangenschaft, „nicht mehr mit dem Spaten“ losziehen zu müssen.

Andererseits drückt die letzte Strophe „Ewig kann’s nicht Winter sein“ eine Zuversicht aus, die 1933 noch vorhanden war: dass das Naziregime würde überwunden und gestürzt werden können. Die Stabilität der Naziherrschaft konnte damals, kurz nach der Machtergreifung, noch bezweifelt werden, und die Verbrechen des Holocaust waren noch nicht geschehen.

Das faschistische Deutschland war jedoch schon sehr real. Zunächst erlaubte die KZ-Leitung die Veranstaltung des sogenannten Zirkus Konzentrazani, der das Lied mit 16 Häftlingen präsentierte. Es wurde sogar von SS-Leuten mitgesungen, die sich wohl selbst als Moorsoldaten begriffen, doch schon bald wurde es von der Lagerleitung verboten. Zu aufrührerisch muss es gewirkt haben, zumal der starke Freiheitsdrang kaum zu überhören ist.

Die Verfasser des Lieds waren alle Inhaftierte des KZs. Den Text schrieben der als Kommunist verhaftete Bergarbeiter Johann Esser und der Schauspieler Wolfgang Langhoff, der sich ebenfalls für die Kommunistische Partei engagierte. Die Musik komponierte Rudi Goguel, auch er Mitglied der KPD.

So passt es, dass das Lied gerade für den linken Widerstand mit der Zeit immer wichtiger wurde. Von den Interna­tio­nalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg bis zur französischen Résistance wurde es als „Los soldados del pantano“ oder als „Le Chant des ­Marais“ gesungen. Es existierten inzwischen mehr als 500 Versionen des Lieds in vielen verschiedenen Sprachen.

Dass das Lied ganz offiziell immaterielles Kulturerbe werden soll, teilte der Landkreis Emsland mit. Landrat Marc-André Burgdorf (CDU) ist Vorsitzender des Stiftungsvorstands der Gedenkstätte, deren Facebook-Seite unter dem Hashtag #Heutevor90Jahren über die kulturellen Aktivitäten zum Jahrestag am 27. August informierte: So spielte ein Streichquartett eine neue Version des Lieds ein, eine Punkrockband war am Start, und ein in Esterwegen beheimateter Männergesangsverein bot das Lied direkt vor Ort dar.

Gutes/schlechtes Vorbild

Was woanders richtig gut läuft oder gerade auch nicht, findet auf jeden Fall hier seinen Platz.

Nicht in die Aktivitäten einbezogen wurde das Dokumentations- und Informationszentrum Emslandlager, ein Verein, der in den 80er Jahren die Erinnerungsarbeit aufgenommen hatte und mit Eröffnung der Gedenkstätte 2011 dort Räume bezog. Die hat die Gedenkstätte dieses Jahr gekündigt, gegen den Protest des Vereins, ohne den es die Gedenkstätte wohl gar nicht gäbe. Zum Jahrestag hat er ein Konzert organisiert mit einem Ensemble, das sich schon seit Jahren mit „Lagerliedern“ auseinandersetzt.

Doch das Moorsoldatenlied gehört eben allen: linken Gruppen genauso wie Männergesangsvereinen. Und als immaterielles Kulturgut gälte das erst recht. Jonas Frankenreiter