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: „Viele Nachrichten von uns kommen direkt im Iran an“

Der Poetry-Slam „Frau Leben Freiheit“ hält das Banner der Proteste im Iran in Bremen hoch

Interview Lena Pinto

taz: Herr Jabbari, was hat ein Poetryslam in Bremen mit den Protesten im Iran zu tun?

Puyan Jabbari: Ich bin Lehrer, und wenn ich vor 20 bis 30 Kindern sitze, hat nicht jeder immer denselben Zugang. Ich muss Unterschiedliches ausprobieren, um die Kinder zu erreichen. Mit unserer Gruppe „Bremen for Iran“ versuche ich das Gleiche zu machen. Unser Ziel ist, auf verschiedenen Wegen die Menschen zu erreichen und ihnen verständlich zu machen, was im Iran die Problematik ist. Es ist wichtig, Stimmen des Iran nach Außen zu tragen.

Reichen die Nachrichten nicht aus?

Seien wir ehrlich: Der Iran ist 5.000 Kilometer entfernt von uns. Das ist so weit weg, dass man die Lebensrealität der Menschen aus diesem Land nicht greifen kann. Wenn man aber erkennt, wie diese Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“ auch hier weitergetragen wird, ist es doch nicht mehr so weit weg. Der Gedanke, dass Menschen, die nichts in der Hand haben, gegen eine Macht ankämpfen, die so viel stärker ist, kann Menschen vereinen, egal ob man gegen das Patriarchat oder den Rassismus aufsteht. Man versucht, alles zu geben, weil man weiß, man kann einen Tyrannen umstürzen. Man braucht dafür nicht unbedingt die krassesten Waffen. Es braucht die Kraft und den Mut, dagegen anzugehen.

Warum ist Poetry Slam Ihrer Meinung nach die richtige Form?

Kunst im Allgemeinen ist wie ein Spiegel der Gesellschaft. Schon E. T. A. Hoffmann hat geschrieben „Des Dichters Schwert ist das Wort, der Gesang.“ Aufgeführte, laut vorgetragene Worte sind viel mächtiger als einfach nur ein Text von einem Poeten. Die Worte sind wie ein Schwert in das Herz der Tyrannen oder des Patriarchats. Hier werden natürlich auch viele Texte gerade im Bereich Feminismus stattfinden. Dem geben wir so eine Stimme.

Poetry-Slam Femme Art Club: Frau, Leben, Freiheit – Poetry für eine Revolution: 24. 9., 20 Uhr, Kulturzentrum Schlachthof, Bremen

Sie glauben damit Frauen im Iran eine Stimme zu geben?

Indem wir dieses Thema für den Poetry Slam gewählt haben, kommen die Menschen hier damit zumindest irgendwie mal in Berührung und können Gemeinsamkeiten feststellen.

Gemeinsamkeiten?

Natürlich sind die Probleme, die Frauen im Iran haben, heftig und die Repression ist lebensbedrohlich. Gemeinsam ist aber das Grundproblem, das traditionelle patriarchale System. Der Kampf dagegen muss auch hier geführt werden. Die Form der Poesie oder des Poetry Slam kann die Gemeinsamkeit des Themas hervorbringen, ohne die Unterschiede zu vertuschen. Man kann sich durch seine künstlerische Fähigkeiten an die Seiten der Frauen im Iran stellen.

Erfährt denn im Iran jemand etwas von dieser Solidarität?

Foto: privat

Puyan Jabbari

40, Teil des „Bremen for Iran“-Teams, arbeitet in der Begabtenförderung am Bremer Landesinstitut für Schule.

Ja. Wir haben unseren Social-Media-Kanal „Bremen for Iran“. Der hat 25.000 Follower, und zehn Prozent von denen sind im Iran. Insofern ja: Viele Nachrichten von uns hier kommen direkt im Iran an. Sie erreichen die Leute dort auf unterschiedliche Art und Weise. Das gibt uns Hoffnung, den Menschen dort mitzuteilen, dass sie nicht alleine sind. Beim Poetry Slam am Sonntag ist eine Übertragung leider technisch nicht möglich gewesen. Wir versuchen es aber immer: Die Menschen im Iran nutzen so gut wie gar keine Staatsmedien mehr – aber jede Familie, die ich kenne, hat eine Satellitenschüssel, über die sie einen der vielen Kanäle aus dem Exil empfangen kann. Die kommen auch oft zu unseren Soli-Veranstaltungen und berichten darüber auf Persisch.

Gibt es thematische Vorgaben für den Poetry Slam?

Normalerweise ist so ein Poetry Slam frei. Der Name unserer Veranstaltung „Frau, Leben, Freiheit – Poetry für eine Revolution“ gibt aber selbstverständlich das Thema vor. Wir haben Künstlerinnen da, die sich ganz direkt auf die Mullah-Thematik beziehen. Wir lassen aber auch ganz andere Lebensrealitäten auftreten, etwa aus Afghanistan. Deshalb verzichten wir auch auf den sonst bei Poetry-Slam üblichen Wettbewerb: Das zu bewerten wäre unangemessen: