die dritte meinung
: Migrationsdebatte: Bei Straftaten wird mit zweierlei Maß gemessen, sagt Thomas Hunstock

Beim Volksfest Gillamoos im September wurden insgesamt 17 Straftaten registriert. Darunter Körperverletzung, Hausfriedensbruch, Missbrauch von Ausweispapieren und Beleidigung. Trotzdem zeigte sich die zuständige Polizeiinspektion höchst erfreut über das ruhige Fest, und der CDU-Bundesvorsitzende erklärte es zur guten deutschen Tradition. Niemand schien aufgrund der Straftaten eine Gefahr für die innere Sicherheit zu erkennen, keiner forderte ein schnelles und hartes Vorgehen gegen die Straftäter*innen.

Läge jedoch nach einem Fest in Berlin-Kreuzberg eine ähnlich hohe Zahl von Straftaten vor, Po­li­ti­ke­r*in­nen und Medien würden vermutlich aufgrund des dort höheren Anteils von Menschen mit internationaler Geschichte eine Angstkampagne lostreten. Ähnlich wie bei der Schwimmbadrandale würden sie sich des rassistischen Narrativs des „Wir“ (Weiße, Heimatzugehörige) und „der Anderen“ (die Fremden) bedienen. Auf diese Weise wird die Migration zur Mutter aller Probleme erkoren, und die Angst vor „Überfremdung“ wird von der Sehnsucht nach vergangenen Tagen getragen, als unsere Gesellschaft noch nicht so divers war wie heute.

Thomas Hunstock ist Antirassismusaktivist aus Kassel.

Fakten und Statistiken, die Gegenteiliges beweisen, können diese Angst nicht nehmen, da sie auf Gefühlen basiert und nicht auf Tatsachen. Diese kognitive Verzerrung lässt viele Menschen glauben, sie wären einer Gefahr aufgrund einer verfehlten Migrationspolitik ausgesetzt. Po­li­ti­ke­r*in­nen nutzen diese Angst gern für ihren Wahlkampf und schüren sie – die Wahlen in Hessen und Bayern haben es wieder gezeigt. Mit einfachen Lösungen geben sie vor, die vermeintlich verloren gegangene innere Sicherheit wieder herstellen zu wollen, gleichzeitig sprechen sie so ihre Klientel von jeglicher Verantwortung frei: Schuld sind nie „Wir“, sondern immer „die Anderen“. Dies entspricht der AfD-Propaganda und stärkt diese zunehmend. Nach dem ersten AfD-Bürgermeister und dem ersten AfD-Landrat haben wir jetzt in Hessen und Bayern eine AfD als stärkste Oppositionsfraktion.