zurück in die zukunft
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1911 zeichnete Richard W. Rummel die Vision eines während der Industrialisierung unendlich wachsenden New Yorks. Abbildung aus dem Buch „King’s Views of New York“

Die Häuser ragen bis in die Wolken, die Bahn rattert mitten durch die gigantischen Gebäude hindurch und zahlreiche Flugzeuge bevölkern den Himmel. Diese Zukunftsvision entwickelte Richard W. Rummel für die Buchreihe „King’s Views of New York“. Darin wollte der Herausgeber Moses King Anfang des 20. Jahrhunderts die Entwicklung und Zukunftsaussichten der Stadt festhalten. Die Zeichnung „Das New York der Zukunft ist in erster Linie die Stadt der Wolkenkratzer“ entstand in der Hochphase der Industrialisierung, in der es sehr viele Menschen in die großen Städte der Vereinigten Staaten zog. Die Wirtschaft boomte, die ersten Hochhäuser schossen in die Höhe, die Straßen füllten sich mit Autos, und Straßenbahnen transportierten ­Menschen quer durch die Stadt.

Der Künstler glaubte, dass die Stadt explosionsartig weiterwachsen werde, und skizzierte deshalb ein Transportsystem auf vier Ebenen. Er prägte insbesondere die Vision der Himmelsbrücken. Das sind Bahnstrecken, die auf vielen Hundert Metern Höhe die Hochhäuser mit­einander verbinden. Wer umsteigen möchte, müsste also aus der Straßenbahn aussteigen, um dann mit dem Fahrstuhl in das 40. Stockwerk zu fahren und dort die nächste Bahn zu erwischen. Wer unbeabsichtigt ein paar Stockwerke zu hoch oder zu niedrig fährt, landet möglicherweise in der falschen Bahn. So oder so: Eine beeindruckende Aussicht haben die Bahn­fah­re­nden bestimmt. Wer allerdings in einer der Hochhauswohnungen lebt, die neben den rauschenden Himmelsbahnen liegt, braucht festen Schlaf. Bebende Wände und quietschende Bahngleise sorgen für einen hohen Lärmpegel. Direkt an der Straßenbahn zu wohnen ist auch heute nicht die beliebteste Wohnlage.

Melina Möhring