Großrazzia bei Islamisten

Innenministerin Faeser prüft ein Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg. 54 Objekte durchsucht

Von Konrad Litschko

Noch kürzlich verteidigte sich das Islamische Zentrum Hamburg (IZH). Man sei nur eine religiöse Einrichtung, politisch „neutral“ und für den Frieden, beteuerte der Verein, der in der Hansestadt die „Blaue Moschee“ betreibt, die schiitische Imam-Ali-Moschee. Gewalt und Ex­tre­mis­mus verurteile man. Alles andere seien „infame Unterstellungen“.

Die Sicherheitsbehörden sehen es anders. Seit Jahren schon steht das IZH unter Beobachtung des Verfassungsschutzes, wird dort als islamistisch geführt – und als verlängerter Arm Irans betrachtet. Und auch seit Langem wird ein Verbot des Zentrums gefordert, umso lauter nach dem Hamas-Massaker gegen Israel am 7. Oktober. Am Donnerstag nun ließ das Innenministerium von Nancy Faeser (SPD) das Zentrum durchsuchen – und 53 weitere Objekte aus dem Umfeld.

Es laufe ein Verbotsverfahren gegen das IZH, machte Faeser publik. Geprüft werde der Verdacht, dass sich das Zentrum gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte und Aktivitäten der terroristischen Hisbollah unterstütze. Zudem verbreite das IZH das „Revolutionskonzept“ des iranischen Führers Ali Chamenei. Das Verfahren sei „ergebnisoffen“, so das Ministerium. Faeser aber betonte, dass die Verdachtsmomente gegen das IZH „schwer wiegen“.

Durchsucht wurde neben Hamburg auch in Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Die Polizei beschlagnahmte dabei Bargeld, IT-Geräte, Schriftstücke oder Flugblätter. Im Visier waren auch fünf Vereine, die dem IZH untergliedert sein sollen. Zeitgleich durchsuchte die Bundesanwaltschaft in einem anderen Verfahren fünf Personen im Raum Hannover, denen sie vorwirft, hierzulande für die Hisbollah aktiv zu sein.

Das IZH wurde schon 1962 in Hamburg gegründet. Es gilt neben der Botschaft als wichtigste Vertretung Irans in Deutschland. So ist IZH-Leiter Mohammad Hadi Mofatteh laut Verfassungsschutz „fest in die staatlich-religiöse Elite Irans eingebunden“. Das Amt wirft einigen IZH-Vertretern vor, in „schiitisch-­ex­tre­mis­tischen Kreisen“ aktiv zu sein, die sich „deutlich antisemitisch“ positionierten. So verbreite das Zentrum etwa das Buch „Der Islamische Staat“, das eine Scharia predige, die Demokratie ablehne oder Steinigungen rechtfertige. Juden würden darin als „verschlagen und listig“ verunglimpft, die versuchten, „die Welt unter ihr Regiment“ zu bringen. Der frühere IZH-Vize habe zudem offen der Hisbollah gehuldigt – er wurde bereits im November 2022 aus Hamburg ausgewiesen.

Im gleichen Monat hatte auch der Bundestag bereits einen Ampel-Antrag beschlossen, in dem gefordert wurde, eine Schließung des IZH „als Drehscheibe der Operationen des iranischen Regimes in Deutschland“ zu prüfen. Nach den Hamas-Attacken vom 7. Oktober auf Israel forderten alle Parteien im Bundestag, der Antisemitismusbeauftragte des Bunds, Felix Klein, und der Hamburger Senat erneut ein Verbot auch des IZH. Iran gilt als Unterstützer der Hamas.

Schon 2022 forderte der Bundestag ein Verbot des IZH in Hamburg

„Gerade jetzt, in einer Zeit, in der sich viele Jüdinnen und ­Juden besonders bedroht fühlen, gilt: Wir dulden generell keine islamistische Propaganda und keine antisemitische und israel­feindliche Hetze“, erklärte Fae­ser. Bereits vor zwei Wochen hatte Faeser die Hamas in Deutschland und deren Unter­stützerverein Samidoun verboten.

Auch der Zentralrat der Muslime setzte am Donnerstag die Mitgliedschaft des IZH aus. Dies gelte, bis „die Angelegenheit“ geklärt sei. Man führe seit Langem intensive Gespräche mit dem IZH mit dem Ziel, die Moschee und die lange Tradition des schiitischen Lebens in Deutschland „zu bewahren“, so der Zentralrat. Schon im November 2022, nach dem Bundestagsbeschluss, hatte das IZH den Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg verlassen.

Auch Ampel-Politiker begrüßten die Razzien als überfällig. „Gut, dass die Behörden endlich handeln“, sagte der Grüne Konstantin von Notz der taz. „Ich erwarte, dass jetzt alle rechtsstaatlichen Mittel ausgeschöpft werden, um das IZH zu verbieten.“ Der SPD-Mann Kaweh Mansoori hoffte, dass die beschlagnahmten Materialien „endlich zur Schließung dieser Einrichtung führen“. Auch Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) befand: „Je schneller das IZH als Ganzes aus Hamburg verschwindet, umso besser.“