Helloagain

Alle paar Jahre ploppt es wieder auf: das Vorhaben, Mammuts gentechnisch wiederauferstehen zu lassen. Weil kein Artikel darüber ohne auskommt, bringen wir es hinter uns und sagen: „Wie in Jurassic Park.“ Womit man eine Vorstellung davon bekommt, was das texanische Biotech-Unternehmen Colossal (guter Name!) vorhat, zumal die DNA von Mammuts besser konserviert ist als die von Sauriern, nämlich als Tiefkühlkost, weil die wolligen Riesenelefanten erst vor 4.000 Jahren ausgestorben sind und einige Kadaver im ewigen Eis erhalten blieben.

Nun ist es Colossal gelungen, Stammzellen von Asiatischen Elefanten herzustellen. Klingt nicht allzu spektakulär, aber bei Elefanten hat das bislang noch nie geklappt. Jetzt schon. Glückwunsch.

Das Besondere an Stammzellen ist, dass aus ihnen ganze Organismen heranwachsen können. Jetzt muss man nur noch die DNA der Frost-Mammuts in die Stammzellen und das Ergebnis einer Elefantenkuh einsetzen. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg.

Aber brauchen wir überhaupt Mammuts? Forschung will finanziert sein, Colossal ist ein Unternehmen und muss Geldgeber überzeugen. Die Vorstellung, in Zukunft lebende Mammuts beobachten zu können und in der Folge vielleicht Dodos oder Beutelwölfe, ist ein guter Anreiz. Colossals kühne Vision, die Mammuts könnten dereinst in Herden durch die sibirische Tundra stampfen, den Permafrostboden verdichten und so den Klimawandel bremsen, dürfte allerdings von geringer Praktikabilität sein.

Man kann ja alles von zwei Seiten sehen.

Contra: 1) Man kann das Geld auch für Wichtigeres verwenden; 2) das klappt doch nie; 3) falls doch, sind es gar keine echten Mammuts, sondern nur mammutähnliche Gen­ex­pe­rimen­te ohne genetische Diversität, die für ein dauerhaftes Überleben einer Art notwendig ist; 4) es entsteht der Eindruck, das Artensterben sei gar nicht so schlimm, weil man alles einfrieren und nach Belieben zurückholen kann; 5) es entsteht der Eindruck, der Klimawandel sei gar nicht so schlimm, weil etc.; 6) wir sollten das Artensterben durch Naturschutz- und Erhaltungszuchtmaßnahmen und den Klimawandel durch treibstoffgasfreies Wirtschaften bremsen.

Pro: 1) Das kann man immer und für alles sagen; 2) das wurde immer und für alles gesagt; 3) alle heute lebenden Wisente stammen von weniger als 20 Individuen ab und rumpeln trotzdem wieder rege durch europäische Wälder, der genetische Flaschenhals ist nicht fest verkorkt; 4) es wird gezeigt, welch absurder Aufwand betrieben werden muss, um die Folgen des Artensterbens wenigstens in Teilen wieder auszugleichen; 5) die Zusammenhänge zwischen Artenvielfalt, Funktionalität von Ökosystemen und Klima werden ins Bewusstsein gerückt; 6) das sollten wir sowieso!

Mammut-Modell im Royal British Columbia Museum in Victoria, Kanada Foto: Mark Newman/imago

Man wiegt den Kopf hin und her – schwer zu sagen. Doch noch dieses: Man kann alle paar Jahre Artikel zu diesem schönen Thema schrei­ben und die Gedanken von der tristen Realität auf schillernde Zukunftsvisionen lenken. Also gut, Colossal: dranbleiben!

Heiko Werning