crime scene
: Blutige Intrigen im Krankenhauswesen

Mit ihrem Debüt „Der 13. Brief“ mischte Lucie Flebbe (damals Lucie Klassen) im Jahr 2008 die deutsche Krimiszene auf. Seitdem produziert sie im Jahresabstand neue Romane. Nach neun Titeln mit der zu Beginn sehr frühreifen Heldin Lila Ziegler und der „Jenseits“-Trilogie um Kommissarin Eddie Beelitz ist nun mit „Bad Business“ vielleicht ein Stand-alone-Roman gefolgt; vielleicht aber auch nicht. Denn ob das Ende dieses Bandes schlicht offen bleibt oder in Wirklichkeit ein Cliffhanger ist, wird sich möglicherweise erst in etwa einem Jahr herausstellen …

Aber von Anfang an: Mieke Jentsch ist eine Romanheldin mit einem in der Krimiwelt eher unglamourösen, im wirklichen Leben aber durchaus prestigeträchtigen Beruf. Die Managerin und studierte Betriebswirtin ist ehrgeizig und arbeitsam, hängt aber mittlerweile schon recht lange fest auf ihrem Posten als Stellvertreterin eines Klinikverwalters, dessen Arbeit zu großen Teilen eigentlich Mieke macht. Unter anderem hat sie ein Marketingkonzept erarbeitet, das es der in öffentlicher Hand befindlichen Klinik ermöglichen soll, besser im Wettbewerb zu bestehen. Was Mieke nicht ahnt, ist, dass auf höherer Ebene längst geheime Pläne existieren, das Krankenhaus an einen privaten Träger zu verkaufen. Und noch bevor sie begreift, welche Dimensionen das Ganze hat, stirbt ihr Chef, und Mieke selbst wird in einen Unfall verwickelt, der sie ebenfalls fast das ­Leben kostet. Eher zufällig erweist sich jemand als Retter in der Not, den sie zuvor verabscheut hat: der Betreiber eines Reiterhofs, zu dem sie gezwungenermaßen zu einem Führungs­kräftetraining geschickt worden war.

Die ökonomische Misere des deutschen Krankenhauswesens in den Mittelpunkt eines Krimis zu stellen ist eine innovative Idee. Doch dem kriminellen Potenzial, das darin steckt, hat Lucie Flebbe wohl doch nicht genug Sexiness zugetraut und um diese Kernintrige herum einen weiteren Handlungsstrang gezwirbelt. Viele starke Frauen spielen in „Bad Business“ eine Rolle, und zur Stärke gehört hier nicht nur, gut im Business – und sei es noch so bad – zu sein, sondern auch eine unverbrüchliche Frauensolidarität. Die Gewalt, die Männer Frauen antun, wird mindestens ebenso brutal zurückgezahlt, allerdings ist die Wahl der Ziele dabei oft recht zufällig und trifft Frauen genauso wie Männer. Wie viele Menschen am Ende in ihrem Blute liegend dahingeschieden sind – und auch: warum eigentlich –, ist schwer zu sagen. Auf jeden Fall ist das Romanpersonal so zahlreich, dass am Ende schon ein paar Charaktere übrig bleiben. Und weil auch meist ein bisschen Liebe irgendwie zum Genre gehört, ist auch noch eine Love-Story,oder eigentlich sogar zwei, mit dem Ganzen verdrahtet. Wobei das lesbische Liebespaar das Ende des Romans nicht erlebt, dafür beim Heteropaar der Mann ein Krüppel ist und die Frau immer oben bleibt.

Lucie Flebbe: „Bad Business“ Grafit Verlag, Köln 2024, 432 Seiten, 15 Euro

Alles in allem gibt es in diesem Roman für viele etwas und von vielem etwas zu viel. Und dass es darin ursprünglich um so etwas wie Krankenhaus-Grundversorgung ging, hat man am Ende fast vergessen. Weil aber Lucie Flebbe cool schreiben kann und etwas von Spannungsaufbau versteht, lässt sich das Ganze trotzdem gut weglesen. Katharina Granzin