kritisch gesehen: „feste feiern!“ im hamburger museum für kunst und gewerbe
: Ein Väschen Schnaps am Kiosk und dann Öl für den Sieger

Party-Planungen sind kompliziert, sollen sie doch die Feier individueller Erlebnisse des Lebens vorbereiten. Dennoch wandelt, wer sie unternimmt, bewusst oder unbewusst, auf traditionellen Pfaden: Wie sehr römische und griechische Feste der Antike die Struktur unserer heutigen Praxis des Feierns prägen, zeigt das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe (MK&G) derzeit in einer Ausstellung.

„Feste Feiern!“ heißt sie. Die Ku­ra­to­rIn­nen konfrontieren darin Leihgaben aus den Archäologischen Nationalmuseen von Neapel und Rom mit einem Filmessay und Objekten, die Studierende der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) für die Schau geschaffen haben. Unter denen sticht vor allem ein witziger Kiosk heraus. In seinen Auslagen präsentiert er fiktive Magazine, mit antiken Helden und Göttern auf dem Cover. In Zeitungen enthüllen römische Senatoren Intrigen. So verrät im Boulevardblatt „Ikons“, das der Bild nachempfunden ist, Staatsmann Cicero seine wirkliche Meinung über den Feldherren Caius Iulius Caesar.

In der „Brava Helena“ wird das trendige Wickeln von Gewändern demonstriert. Schnaps in kleinen bunten Tonvasen gibt es auch am Kiosk. Die Ausstellung ist in die vier Abschnitte Prozession, Ritual, Wettkampf und Bankett eingeteilt, vier antike Festivitäten werden jeweils im Hinblick darauf befragt.

Nur sporadisch ist das möglich beim Geheimfest des Mithraskult: Über den ist zu wenig bekannt, um darauf eine Kulturtheorie des Feierns zu stützen. Nur gestreift werden Begräbniszeremonien, die von den Aus­stel­lungs­ma­che­rIn­nen als unvollständige Feiern bewertet werden, anders als die Gladiatorenwettkämpfe und die Panathenäen. Die Anfänge dieser jährlichen, religiös-politischen Feiern zu Ehren der Göttin Athene verlieren sich im mythischen Dunkel. Sie zählten zu den bedeutendsten Events im antiken Griechenland.

Paradebeispiel Panathenäen

Der Ausstellung dienen sie als Paradebeispiel, weil sie mustergültig die vier von ihnen bestimmten Elementar-Bausteine der Feiern vereinigen – einschließlich der Wettkämpfe. Deren Gewinner wurden reich belohnt, unter anderem mit Preisamphoren, gefüllt mit wertvollen Ölen in rauen Mengen. Die Ausstellung zeigt genau so ein bauchiges Tongefäß mit engem Hals aus dem Jahr 450 v.Chr., ein besonders schönes Stück: Es ist schwarz-glänzend bemalt, und auf diesem Hintergrund ist in rotfigurigem Stil der Waffenlauf dargestellt – eine der Wettkampf-Disziplinen der Panathenäen.

Die KuratorInnen betonen die Bedeutung von Festen fürs Zusammenleben: Zu feiern stelle immer eine regelrechte Flucht in die Gesellschaft dar. Das bestätigt zumal der Filmessay „Wie wir feiern“ von Martin D’Costas. Ihm gelingen intime Einblicke in die Vorbereitung acht mehr oder weniger traditionsreicher Feste. So kann man Prunkwagenbauern aus Köln beim Gestalten und Planen ihrer Gefährte für den Rosenmontagszug beobachten. Ein junges aramäisches Paar lässt den Filmer an seinem Hochzeitstag teilnehmen und die Bühnentechniker werden beim Aufbau des Wacken-Festivals begleitet. Dabei macht der Film deutlich, wie bei allen Festen das Teilen eine zentrale Rolle spielt – egal, ob von Freude, Trauer oder materiellem Überfluss. Im Kontrast zu den nüchtern präsentierten archäologischen Ausstellungsstücken, erinnert der Film daran, was Feiern auszeichnet – als bunter, meist lautstarker Ausdruck der verschiedenen Lebenswahrheiten in menschlicher Gesellschaft. Luna Harms

Ausstellung „Feste Feiern!“: bis 25. 8., Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg