taz🐾lage
: Insel im braunen Meer

Bis zu seinem Ruhestand im vergangenen Jahr hat Klaus Hillenbrand lange Jahre die ersten Seiten in der werktäglichen taz verantwortet. Neulich hat er nun eine Recherche zu gestrandeten Flüchtlingen aus ­Zypern angeboten. Ich fragte daraufhin den Kollegen, der normalerweise für die taz aus Griechenland und der Ägäis berichtet, ob er etwas dagegen habe, wenn wir die Reportage drucken. „Den Gebietsschutz beachten“ nennt man das unter Journalisten. Jedenfalls schrieb der Kollege aus Griechenland zurück, er habe ganz und gar nichts dagegen, im Gegenteil, Klaus sei doch weit und breit der größte Zypern-Experte im deutschsprachigen Raum. Die Reportage fand dann viel Anklang in der morgendlichen Blattkritik der Redaktion, und die ist für gewöhnlich nicht gerade zimperlich.

Wenn Klaus über Zypern schreibt, ist das also ein Glück, und genauso, wenn er sich seinem anderen Lebensthema widmet, dem Holocaust. In seinem neuen Buch erzählt er die Geschichte des Auerbach’schen ­Waisenhauses in Berlin – einer Insel im braunen Meer nach der Macht­ergreifung der Nazis 1933. Dort sorgte das Personal dafür, dass die Kinder kaum etwas von der Bedrohung mitbekamen. Auf Dauer schützen konnten sie sie nicht: Mit Beginn der Shoah deportierten die Nazis die meisten der Kinder in den Tod. Der ehemalige Zögling Walter Frankenstein, 99, berichtet in dem Buch vom Alltag im Auerbach in den 1930er Jahren, als er dort als Halbwaise eine neue Heimat fand. Von der Pogromnacht im November 1938 und seinem Überleben als Jude in Nazi-Deutschland. Anna Klöpper

Klaus Hillenbrand: „Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach’sche Waisenhaus in Berlin“. Hentrich & Hentrich, Leipzig 2024, 352 Seiten, 27 Euro