Sánchez bleibt – trotz Fake News

Fünf Tage Auszeit hatte er sich genommen, nun will Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez aber weitermachen. Er beklagt eine dreckige Kampagne gegen ihn und spricht von einem Neuanfang

Aus Madrid Reiner Wandler

Kurz nach 11 Uhr am Montag hatte das Warten ein Ende: „Ich habe beschlossen weiterzumachen“, erklärte der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez in einer kurzen Ansprache auf der Treppe des spanischen Regierungspalastes Moncloa. Ob TV oder Radio, alle übertrugen das von der Regierung zur Verfügung gestellte Signal live. Presse war keine vor Ort. Es gab auch keine Fragen.

Der Chef der in Minderheit regierenden spanischen Linkskoalition hatte sich zu einer fünftägigen Bedenkpause zurückgezogen, nachdem eine ultrarechte Organisation seine Frau Begoña Gómez wegen angeblicher Korruption und Einflussnahme auf die Regierungsarbeit ihres Mannes angezeigt hatte. Als Beweise dienten Artikel aus bekannten rechten Onlineportalen, die für Falschnachrichten bekannt sind. Selbst die Kläger mussten eingestehen, dass sie nicht wüssten, ob diese Informationen richtig oder falsch seien.

Ein Gericht in Madrid nahm trotz Widerspruchs der Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf und erklärte sie zur Verschlusssache. Die Opposition aus der rechten Partido Popular (PP) und der rechtsextremen Vox nutzten die Gunst der Stunde und verstärkten ihre Kampagne gegen Sánchez und dessen Familie noch.

Seine Entscheidung, im Amt zu bleiben, sei kein einfaches Weiter-so, sondern ein Neuanfang, versicherte Sánchez. Er forderte ein Umdenken und eine Debatte über „Sauberkeit, Regeneration und Fairplay“ in der Politik. „Wir haben zu lange zugelassen, dass dieser Schmutz ungestraft das politische und öffentliche Leben kolonisiert, mit giftigen Praktiken, die noch vor wenigen Jahren unvorstellbar waren“, resümierte er.

Das habe nichts mit „der legitimen Debatte zwischen politischen Optionen zu tun“, erklärte Sánchez. Es gehe vielmehr um die Spielregeln. Man dürfe nicht zulassen, „dass vorsätzliche Falschmeldungen die politische Debatte lenken oder steuern“ und dass „die Opfer dieser Lügen“ gezwungen werden, „ihre Unschuld entgegen der grundlegendsten Regel unseres Rechtsstaates beweisen zu müssen“.

Weiter sagte der Sozialist mit ernstem Gesicht: „Wenn wir die Frau in den häuslichen Bereich zurückdrängen, sie ihre berufliche Karriere zugunsten der ihres Mannes opfern muss, wenn wir zulassen, dass die Unvernunft zur Routine wird, ist die Konsequenz, dass wir unserer Demokratie irreparablen Schaden zufügen.“

„Wir haben zugelassen, dass dieser Schmutz das politische Leben kolonisiert“

Pedro Sánchez

Sánchez bedankte sich für Solidaritätsbekundungen „aus allen gesellschaftlichen Schichten“. Die Demonstrationen am Wochenende hätten seine Entscheidung maßgeblich beeinflusst. Die Antwort aus den Reihen von PP ließ über zwei Stunden auf sich warten. „Sánchez hat eine fantastische Gelegenheit verpasst zu gehen“, begann PP-Chef Alberto Nuñez Feijóo seine „Rede an das spanische Volk“. Statt auf die von Sánchez eingeforderte „Sauberkeit“ in der Politik einzugehen, warf er ihm vor, keine „Opposition, keine Presse und keine Justiz“ zu wollen. Seine Kritik an einem Teil der Presse sowie an einem Teil der Justiz zeige, dass Sánchez die „reine Macht ohne Grenzen“ anstrebe.

Indirekt kündigte Feijóo weitere Demonstrationen gegen die Linkskoalition an, um der Regierung, die sich im Parlament auch auf Parteien aus dem Baskenland und aus Katalonien stützt, „Verrat an Spanien“ und „Ausverkauf der Einheit des Landes“ vorzuwerfen.

Der Vorsitzende der rechtsextremen Vox, Santiago Abascal, sah in Sánchez’ Auszeit „ein plumpes, empörendes Theater“. Er forderte die PP auf, gemeinsam alles zu tun, um die Regierung Sánchez abzulösen.