Mit Kettcar auf dem Spielplatz

FESTIVAL Das Dockville-Festival in Hamburg-Wilhelmsburg versucht sich mit einem Nebeneinander von Kunst und Musik im Markt der Rockfestivals zu behaupten. Am Freitag startet seine dritte Ausgabe

Das Festival für Musik und Kunst findet statt vom 14. bis 16. August 2009 am Reiherstieg auf der Elbinsel Hamburg-Wilhelmsburg.

■ Das Musikprogramm besteht aus rund 90 Bands, unter anderem „MGMT“, „Turbonegro“ und „Element of Crime“.

■ Im Kunstprogramm gibt es rund 20 große Installationen. Außerdem werden unter anderem die Bremer Lichtkünstler Urban Screen drei Nächte lang den Rethespeicher illuminieren.

■ An der Abendkasse kosten drei Tage ohne Camping 65 Euro und zwei Tage 50 Euro. Tagestickets kosten am Freitag 35, am Samstag 40 und am Sonntag 35 Euro.

VON KLAUS IRLER

Es gibt Kunst, die ist festivaltauglich, und Kunst, die ist es nicht. Bilder aus Öl beispielsweise sind nicht-festivaltauglich: Man übersieht sie leicht und sie gehen schnell kaputt. Festivaltauglich dagegen ist zum Beispiel der Boxsack der Künstler Andreas Otto und Andreas Stolze: Er hängt von der Decke eines Holzhäuschens, in dem ein unangenehmer Ton das Ohr beleidigt. Je intensiver man den Boxsack verdrischt, desto angenehmer wird der Ton – bis irgendwann die Stimme des Hamburger Musikers Jacques Palminger erklingt.

Der Boxsack ist eines der Kunstwerke, die zum diesjährigen Hamburger Dockville-Festival gehören. Das Festival startet am kommenden Freitag, es findet auf einer brachliegenden Hafenfläche in Hamburg-Wilhelmsburg statt und dauert drei Tage. Die Idee ist, Musik und Kunst zu präsentieren in einem Rahmen, der sonst der Musik vorbehalten ist. Damit möchte sich das noch junge Festival im Festivalmarkt als Alternative etablieren.

Der Rahmen, das sind insgesamt vier Bühnen auf einem eingezäunten Festivalgelände im Grünen, ein Campingplatz, blaue Dixie-Klos. Auf der Hauptbühne spielen Rockbands wie „MGMT“, „Turbonegro“, „Kettcar“ und „Element of Crime“. Insgesamt werden rund 90 Bands und DJs auftreten und voraussichtlich 12.000 BesucherInnen kommen. Damit ist es ein kleineres unter den großen Open-Air-Festivals und das Kunstprogramm wird so festivaltauglich sein, dass von „Ausstellung“ keiner reden mag. „Kunstspielplatz“ lautet die Losung dafür. Von den beteiligten Künstlern kommen viele aus Hamburg, manche auch aus Bremen, New York oder Lüneburg.

Ihre Kunstwerke sind immer auch Spielgeräte, viele haben etwas mit Musik zu tun, alle sind von der Idee her leicht schräg und gleichzeitig leicht verständlich. Da gibt es begehbare Phantasietiere, aus Baumstämmen geschnitzt. Oder eine Videoinstallation, die ein Musikvideo zeigt und über eine Kamera den Kopf des Betrachters auf den Kopf des Musikers montiert.

Prägend für die Szenerie ist allerdings eine selbst gezimmerte Häuserzeile, die die Umrisse des gegenüberliegenden Rethe-Speichers kopiert, stilistisch aber einer Westernstadt nachempfunden ist. Es gibt einen Saloon und einen Galgen im mächtig industriellen Hafenambiente. Der Kunstbereich des Dockville-Festivals hat eine trashige Note – und wird frei bleiben von den Zelten der Sponsoren, sagt Dockville-Sprecher Jean Rehders.

Ohne die Sponsoren vorne ginge es aber nicht, sagt Rehders. Genauso, wie das Festival Musik und Kunst zusammenbringt, bringt es in der Finanzierung privates und öffentliches Geld zusammen. Gefördert wird es von der IBA Hamburg GmbH, die zu 100 Prozent der Stadt gehört. Ziel der IBA ist, die sozial schwachen Stadtteile Wilhelmsburg und Veddel aufzuwerten und so den „Sprung über die Elbe“ zu schaffen: Wilhelmsburg und Veddel grenzen südlich an die Elbe und sind damit dem Stadtzentrum sehr nahe. Die Stadt will nach dem Willen des Senats eine „wachsende Stadt“ sein – und findet den Gedanken attraktiv, dass das Wachstum das Zentrum betrifft.

Gerne gesehen sind nun Kulturprojekte, die das Leben südlich der Elbe attraktiver machen und dort nicht nur drei Tage lang, sondern länger eine Rolle spielen. Das Dockville-Festival organisiert im Hinblick auf die Nachhaltigkeit seit 2008 zusammen mit Bildungsinstitutionen aus dem Stadtteil das Sommercamp Lüttville, bei dem in diesem Jahr über 100 Kinder in verschiedenen Workshops bastelten, tanzten oder Musik machen.

So ist das Festival, das die Kopf & Steine GmbH organisiert, Teil eines Stadtentwicklungsprozesses, allerdings kein von der Politik initiierter. 2013 wird das Festivalgelände dann der Internationale Gartenschau (IGS) dienen. Die Chancen, dass das Festival die Stadtentwicklung überlebt, stehen gut. Zwar ist noch nichts entschieden – aber „letztlich sollen dort weiter Veranstaltungen stattfinden“, sagt IGS-Sprecherin Ina Heidemann.