Linke in Werl werden gekapert

PIRATENPARTEI Der Linkspartei verdanken die Piraten ihre erste Fraktion in einem nordrhein-westfälischen Stadtrat. Der Ortsverband der Linken trat zu den Piraten über – und nahm die Mandate mit

KÖLN taz | An diesem Freitag präsentieren die Piraten ihre neue Beute. In Werl, dem größten Marienwallfahrtsort im Erzbistum Paderborn, stellt die Partei seit dieser Woche ihre erste Stadtratsfraktion in Nordrhein-Westfalen. Dank der Linkspartei.

Denn die beiden Stadtratsabgeordneten der Linkspartei Matthias Fischer und sein Ratskollege Ali Kaya haben bei der Linkspartei ausgemustert und bei den Piraten angeheuert, zusammen mit fast der gesamten aktiven Basis des Ortsverbands der Linkspartei in Werl. Ihre Mandate haben sie mitgenommen.

Jetzt gibt es keine Linkspartei mehr im Werler Stadtrat – aber eine Piratenfraktion. „Wir wollen soziale Politik machen, aber ohne Denkverbote“, begründet der 40-jährige Fischer seinen Wechsel. Zu dogmatisch, ideologisch und autoritär sei die Linkspartei gewesen. Er und seine sechs Mitstreiter seien hingegen „Freigeister“. Deswegen würden sie sich nun auch besser bei den Piraten aufgehoben fühlen.

Das sieht der Vorsitzende der Piratenpartei im Kreis Soest, zu der die Stadt Werl gehört, genauso. „Echt gut“ findet Sven Sladek den Wechsel.

Die Linkspartei ärgert sich hingegen schwarz. Fischer sei „es wichtiger, den Polit-Clown zu spielen, als ernsthafte Politik zu machen“, schimpft deren Soester Kreisvorsitzende Manfred Weretecki. „Dass die Piraten hier einfach Mandate übernehmen wollen, entspricht nicht ihren sonstigen Aussagen, andere Politik machen zu wollen“, empört er sich. Sie machten sich dadurch unglaubwürdig, schließlich hätte die Piratenpartei für diese Mandate „nicht einen Handschlag getan“.

Der Werler Aderlass ist für die Linkspartei kein Einzelfall. Zahlreiche Aktivisten, darunter auch etliche Mandatsträger, haben der bunten Truppe mittlerweile an Rhein und Ruhr den Rücken gekehrt. Innerhalb der Mitgliedschaft gebe es eine „immense Fluktuation“, räumt Linkspartei-Landessprecher Hubertus Zdebel ein. „Das gehört zu der schwierigen Phase, in der sich die Partei befindet“, befindet er nüchtern.

Von in der Höchstphase fast 9.000 Mitgliedern sind noch rund 8.100 übrig geblieben. Damit liegt die Linkspartei zwar immer noch weit vor den Piraten, die in NRW derzeit auf rund 3.300 Mitglieder kommen.

Aber in vielen Kreisverbänden der Linkspartei kracht es weiter kräftig. Zumeist sind es weniger politische Differenzen denn persönliche Animositäten, die zum Bruch führen. So wie auch im Kreisverband Soest. Profitieren könnten von den Streitereien die Piraten. Bei den Kommunalwahlen 2009 errangen sie ganze zwei Mandate. Inzwischen haben sie sieben. Ein Oberhausener Bezirksvertreter kam von den Grünen, der Rest von der Linkspartei. PASCAL BEUCKER