Rovers Dienstfahrt endet im Konkurs

Großbritanniens letzte Autoschmiede MG Rover wird zerlegt – um sie wenigstens in Teilen veräußern zu können. 15.000 Autobauer und Zulieferer der einstigen BMW-Filiale auf der Insel verlieren ihren Job. Dämpfer für Tony Blairs Wahlkampf

VON STEFFEN GRIMBERG

Der britische Automobilhersteller Rover wird zerschlagen. Um Käufer für die einzelnen Teile des Unternehmens zu finden, sollen 5.000 Arbeiter entlassen werden. Nach Angaben von Gewerkschaftern sind weitere rund 10.000 Jobs bei Zulieferern in akuter Gefahr.

Die Rettung von MG Rover, das kurzzeitig Teil des deutschen Autobauers BMW war, scheiterte endgültig, nachdem die Shanghai Automotive Industry Corporation weitere Verhandlungen zur Übernahme des unabhängigen britischen Herstellers ablehnte. Im letzten produzierenden Rover-Werk Longbridge bei Birmingham schraubten zuletzt noch 6.000 Arbeiter Autos zusammen – von einst 170.000 Rover-Beschäftigten.

Konkursverwalter Tony Lomas von PriceWaterhouseCoopers sagte, es bleibe genug Zeit, um Teile von MG Rover zu verkaufen. „Jetzt kommt nicht gleich der Auktionator und verkauft alles in der nächsten Woche“, sagte Lomas. Es gebe jedoch keine Chance mehr, das Unternehmen als Einheit zu verkaufen. Mit dem Verkauf einzelner Vermögenswerte wolle er die Forderungen zahlreicher Gläubiger befriedigen. Bereits heute will Lomas 5.000 Beschäftigten die Entlassung mitteilen.

Der Konkurs bringt zugleich den wahlkämpfenden Premier Tony Blair in Bedrängnis. Am 5. Mai sind Unterhauswahlen, bei denen die Labour-Regierung auf das Thema Wirtschaft setzen will. Noch am vergangenen Wochenende hatte Blair versucht, mittels einer Bürgschaft in Höhe von 6,5 Millionen Pfund (9,75 Millionen Euro) bei Rover wenigstens die ausstehenden Löhne zu sichern. Seitdem ist Rover Chefsache: Als die Firma Insolvenz anmeldete, flog Blair direkt von der Beerdigung des Papstes nach Longbridge.

MG Rover hatte vergangene Woche Konkursantrag gestellt. Zuvor waren Übernahmeverhandlungen mit der Shanghai Corporation gescheitert. Vor vier Jahren war BMW bei MG Rover nach einem Verlust von vier Milliarden Euro ausgestiegen. Rover hat seit 1998 kein neues Modell mehr auf den Markt gebracht. Die Traditionsmarke hatte zuletzt pro Monat Verluste von bis zu 25 Millionen Pfund (36 Millionen Euro) verzeichnet.

Zu den Gläubigern von Rover zählt auch der frühere Firmeneigner BMW. Der Münchener Autobauer hatte Rover 1993 übernommen und war Ende der 90er-Jahre dadurch selbst in eine schwere Krise geraten. BMW veräußerte die Marken MG und Rover im Jahr 2000 für 10 Pfund. Dem neuen Rover-Eigner Phoenix, einer Gruppe von vier Geschäftsleuten, räumte BMW einen aus späteren Gewinnen rückzahlbaren Kredit über 500 Millionen Pfund ein.

Die britische Regierung kündigte umfangreiche Strukturhilfen für die Region im einstigen industriellen Zentrum Großbritanniens an – allerdings ohne ins Detail zu gehen. „Die Herausforderung richtet sich nun an uns alle: Wir müssen zusammenarbeiten, um einerseits die Mitarbeiter und ihre Familien zu unterstützen und andererseits alles Notwendige zu unternehmen, um Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Kraft der Region zu sichern“, sagte Industrieministerin Patricia Hewitt.

Von „düsteren Aussichten“ sprachen gestern Arbeitnehmervertreter, die „schlimmsten Befürchtungen“ hätten sich bewahrheitet, sagte gestern der Chef der Autobauer-Gewerkschaft TGWU. Und selbst die bis zuletzt optimistische Lokalzeitung Birmingham Post konnte gestern nicht zur Aufhellung der Laune beitragen: In einer Verbraucherumfrage über die Zufriedenheit von Autokäufern landete Rover auf dem viertletzten Platz, so das Blatt. (mit AP)

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