HERMANN-JOSEF TENHAGEN HAUSHALTSGELD
: Klare Ansagen helfen

Ganz egal ob bei Bauern, Bankern oder Versicherern – es muss sich nur rechnen

Mein Bruder hat ein Solardach, ein großes für seinen Kuhstall – ganz selbstverständlich. Mein Bruder ist kein Öko, aber er kann rechnen. Er muss rechnen können, sonst kann er als Bauer zumachen. Mein Bruder ist nicht allein. Sein Nachbar, ein Schweinebauer, hat nicht nur ein großes Solardach, er hat dazu eine Biogasanlage für seine Schweinegülle. Auf dem Weg vom Bahnhof in Wesel zu meinem Bruder nach Hause habe ich letzthin zwei Dutzend Solaranlagen gesehen und vier Biogasanlagen.

Landwirte am Niederrhein und im westlichen Westfalen machen heute die Energiewende. Nicht weil das in Mode ist, sondern weil sie rechnen können und weil es sich für sie kurz- und langfristig rechnet. Sie sind Unternehmer. Das stimmt mich als Chefredakteur von Finanztest optimistisch für andere Entscheidungen, die wir gesellschaftlich wollen. Immer wenn wir diese Weichenstellungen mit finanziellen Vorteilen für Entscheider unterlegen können, werden wir Fortschritte sehen.

Bank- und Versicherungsangestellte können gut rechnen. Ohne die 2 in Mathe bekommt man dort nicht einmal eine Lehrstelle. Physiker werden von Banken angestellt, um neue Produkte zu ersinnen, die außer den Schöpfern niemand versteht, die sich aber für die Banken rechnen. Mathematiker stellen traditionell einen wesentlichen Teil der deutschen Versicherungsvorstände. Wenn wir also wollen, dass sich Banken und Versicherer angewöhnen, die passende Altersvorsorge für ihre Kunden ins Zentrum ihres Denkens zu rücken, müssen wir Regeln erfinden, damit sich das finanziell lohnt.

Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungskonzerne, deren Kunden ihre Förderung und Steuervorteile für die Vorsorge beantragen, sollten an der notwendigen Beratung verdienen. Konzerne, deren Kunden unpassende Altersvorsorge-Verträge vorzeitig kündigen, sollten den Kunden die Provisionen für den Vertrag anteilig zurückzahlen müssen – automatisch. Und Versicherer, die sich bei der Lebenserwartung ihrer Kunden verrechnen, dürfen dafür nicht belohnt werden. Die Gewinne, die durch falsche Prognosen entstehen, sollten komplett an die überlebenden Kunden gehen.

Die Logik von Förderung verstehen Unternehmen schnell, sogar Krankenkassen. Seit es sich für Krankenkassen lohnt, Chroniker als Kunden zu registrieren, werden meine Eltern regelmäßig von ihrer Krankenkasse angeschrieben, ob sie sich nicht doch als Chroniker einstufen lassen wollen.

Der Autor ist Chefredakteur von Finanztest Foto: Karsten Thielker