„Radio-elektronische Souveränität“

CYBERNATIONALISMUS Lange hat die kubanische Regierung dem Internet nicht allzu viel Beachtung geschenkt. Das hat sich in den letzten 18 Monaten geändert. Das Web soll kubanischer werden

„Kubas Netzpolitik ändert sich. Das Schema des begrenzten Zugangs wird von einer Strategie des Filterns der Inhalte ersetzt – so wie in China“, erklärt Ernesto Hernández Busto. Der Kubaner lebt und arbeitet in Barcelona und betreibt mit „penultimos dias“ einen der meistgelesenen Blogs über die Insel. Bestens vernetzt ist er mit der Opposition und der Blogosphäre der Insel.

Die Bloggerszene ist recht vielfältig. Längst sind es nicht nur kritische Geister wie Yoani Sánchez, die seit 2007 ihren international vielbeachteten Blog „Generación Y“ betreibt, sondern auch vermeintliche Agenten der Staatssicherheit, die sich im Netz rumtreiben. So wird der Blog „Yohandry“ den kubanischen Behörden zugerechnet. Aber es sind auch viele Blogs gelistet, die von Anhängern der Regierung betrieben werden.

Das offizielle Kuba hat die Blogosphäre entdeckt und will den „Cybersöldnern“, wie kritische Blogger wie Yoani Sánchez oder Iván Garcia genannt werden, nicht das Terrain überlassen. Dazu gehört auch das kubanische Wikipedia-Pendant EcuRed. „EcuRed ist Teil dieser Strategie“, ist sich der unabhängige Journalist und Bloger Iván García sicher. „Es geht darum, alternative Informationen ins Netz zu stellen und Alternativen zu finden, um besser und effektiver kontrollieren zu können“, so der Betreiber des Blogs „Desde la Habana“. Von „radio-elektronischer Souveränität“ ist im offiziellen Sprachjargon mittlerweile genauso die Rede wie vom Cyberkrieg.

Anders als im kubanischen Alltag wird die Opposition beim Namen genannt und nicht totgeschwiegen, wie das Beispiel von Yoani Sánchez oder dem Menschenrechtsaktivisten Elizardo Sánchez zeigt. Mit denen beschäftigt man sich in EcuRed, während sie in Kubas offizieller Presse nahezu inexistent sind. Das ist Teil des digitalen Paradigmenwechsels, der in Kuba in vollem Gange ist. Minister wie Bruno Rodríguez oder Mariela Castro, Tochter von Staatschef Raúl, haben Twitter und Facebook entdeckt, verteidigen aber gleichzeitig noch das alte Schema. Freier Zugang zum Internet sei, so Außenminister Rodríguez jüngst, schlicht zu teuer.

www.penultimosdias.com yohandry.com/ www.desdecuba.com/