Für jeden Zweiten geht es weiter

Walter-Bau-Insolvenzverwalter Werner Schneider legt erstmals Zahlen vor: In der AG fallen zwei Drittel der Stellen weg, im Konzern knapp die Hälfte. Von 300 Bauaufträgen sind mittlerweile nur noch 60 übrig. Einen hat auch Ver.di gekündigt

AUS AUGSBURGKLAUS WITTMANN

Werner Schneider, der vorläufige Insolvenzverwalter des zusammengebrochenen Bau-Riesen Walter Bau, steht gehörig unter Druck. Fast täglich gibt es neue Zahlen, wie viele der einst 9.500 Jobs im Gesamtkonzern gestrichen werden. Jetzt hat Schneider nach wochenlangem Geschacher konkrete Zahlen vorgelegt: Bei der Walter Bau AG sollen von insgesamt 3.700 Beschäftigten knapp 1.100 ihren Job behalten. „Der Rest wird in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft übernommen“, sagte er gestern der taz. Mit Blick auf den Gesamtkonzern und alle Töchter ist das Verhältnis zwischen wegfallenden und erhaltenen Jobs etwas günstiger. Von den 9.800 Arbeitsplätzen bleiben rund 5.700 erhalten.

Der Insolvenzverwalter musste sich in den vergangenen Tagen und Wochen unter anderem von der Gewerkschaft IG BAU und vom Betriebsrat vorhalten lassen, dass er zu einseitig auf den Verkauf von Unternehmensteilen an den österreichischen Strabag-Konzern gesetzt habe. Der Österreicher Hans Peter Haselsteiner gilt als überharter Sanierer. „Bei einer Insolvenz, insbesondere dieser Größe, ist es einfach zwingend notwendig, sich relativ schnell für einen Kandidaten zu entscheiden“, sagt Schneider.

Ein Problem für den insolventen Bau-Riesen war die Tatsache, dass immer mehr Bauherren ihre Aufträge gekündigt haben, nachdem die Insolvenz bekannt wurde. Dass von 300 laufenden Bauprojekten aber gerade 20 übrig geblieben seien, wie in den vergangenen Tagen kolportiert wurde, sei aber falsch, sagt Schneider. „Wir haben 60 Bauvorhaben mit einem noch abzuarbeitenden Bauvolumen von etwa 240 Millionen Euro sicher, also fest vereinbart.“ Darüber hinaus würden mit den abgesprungenen Kunden intensive Verhandlungen geführt, um sie zurückzugewinnen.

Als ein positives Beispiel nennt Schneider die Leipzig-Untertunnelung. „Das ist ein ganz besonders wichtiges und großes Ingenieurbauvorhaben, das gerettet werden konnte.“ Richtiggehend sauer ist Schneider über die Kündigung einer Hamburger Baustelle durch die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. „Das ist schon von besonderer Bedeutung, dass Ver.di einer der ersten Auftraggeber war, die ein großes Bauvorhaben gekündigt haben.“ Dabei sei klar: Je mehr Baustellen gerettet werden können, desto mehr Arbeitsplätze blieben erhalten.