Kinder in die Produktion

Weil die Abbrecherquote bei den Azubis zu hoch ist, will Mecklenburg-Vorpommern Schüler in Betriebe schicken

Auf jeden Fall müssen sie im Laufe des Jahres der Klasse ihr Lieblingsbuch vorstellen. Und auch ein vor- und nachbereiteter Theaterbesuch ist verbindliches Lernprogramm. Aber Mecklenburg-Vorpommerns Schüler der Jahrgangsstufe acht bekommen über den gültigen Rahmenplan hinaus wohl bald neue Pflichten. Sie sollen, das sieht ein Konzept der Handwerkskammer so vor, planmäßig an die Betriebe herangeführt werden.

Dafür hat sie ein drei Phasen-Modell entwickelt: Erstens verschiedene Berufsfelder kennenlernen, zweitens in Fachbildungszentren praktisches Wissen sammeln. Und drittens: Ab ins Praktikum. Dafür würde für die Klassen 8 bis 10 „an jeweils zehn Unterrichtstagen der reguläre Unterricht auf vier Stunden reduziert“, sodass vier Zeitstunden für die so genannte „Berufsfrühorientierung“ frei würden. Und die zuständigen Ministerien sind gar nicht einmal abgeneigt.

„Wir haben den Vorschlag begrüßt“, sagt beispielsweise Dieter Liehmann vom Arbeitsministerium. Besonders lobenswert sei, dass die vorgesehene Maßnahme „einen möglichst nahtlosen Übergang von Schule zur Lehre“ ermöglichen solle. Beim Bildungsministerium wird hervorgehoben, dass „vielen angehenden Lehrlingen die Breite des Berufs, für den sie sich entscheiden, nicht bekannt ist.“ Eine Wissenslücke, die mit dazu beitrage, dass in Meck-Pomm gut ein Viertel aller Azubis vor Schluss abspringen. Heute verhandeln Vertreter von Gewerkschaften, Handwerks- sowie Industrie- und Handelskammer mit den Ministerien.

Ginge es nach der Handwerkskammer, wäre Start des bundesweit einmaligen Projekts schon nächstes Jahr: „Wir sind sicher, dass das möglich ist“, so Sprecherin Petra Gansen. Da ist die Verwaltung allerdings skeptischer: „Das ist Bohren dicker Bretter, was wir da vorhaben“, heißt’s aus dem Kultusministerium. Zumal die Finanzierung noch unklar ist: Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds können laut Arbeitsministerium nicht abgerufen werden. Sie seien ausdrücklich „nur für außerschulische Maßnahmen“ bestimmt. bes