Sudan kriegt wieder EU-Geld

Brüssel nimmt die eingefrorene Entwicklungszusammenarbeit mit Sudan wieder auf – trotz Darfur. Der Grund: Frieden im Süden. Die EU: „Normalisierung der Beziehungen“

BERLIN taz ■ Ungeachtet der Debatte über mögliche Sanktionen und strafrechtliche Schritte gegen Sudans Regierung wegen des andauernden Krieges in Darfur hat die EU ihre Beziehungen zum Sudan normalisiert. Die EU-Kommission und eine sudanesische Regierungsdelegation unter Leitung von Vizepräsident Ali Osman Taha und dem Außenminister der Südsudan-Rebellen, Nhial Deng Nhi, unterzeichneten am Dienstagabend in Brüssel ein Strategiepapier, das die Wiederaufnahme der seit 1990 eingefrorenen EU-Entwicklungszusammenarbeit mit Sudan bedeutet. Eigentlich war John Garang erwartet worden, der historische Südsudan-Rebellenführer, um als zukünftiger Regierungschef seinen ersten Besuch bei der EU zu absolvieren; aber Garang fuhr stattdessen nach Uganda.

EU-Entwicklungskommissar Louis Michel sprach von einem „ersten Schritt der Normalisierung unserer Beziehungen“ und versprach 50 Millionen Euro Soforthilfe für Sudan, jeweils zur Hälfte für die Zentralregierung in Khartum und die zukünftige Autonomieregierung des Südsudan. Die Auszahlung dieses Geldes muss noch vom EU-Entwicklungsfonds (FED) abgesegnet werden, voraussichtlich im März. Bedingungen sind daran nicht geknüpft.

Das Strategiepapier, das der taz vorliegt, beinhaltet einen Fünfjahresplan für EU-Zusammenarbeit mit Sudan über den Zeitraum 2002–07. Es wurde bereits im Oktober 2002 fertig gestellt, kurz nach der Aufnahme von Friedensgesprächen für Südsudan und kurz vor Beginn des Krieges in Darfur – also eine Zeit, als großer Optimismus für einen umfassenden Frieden für Sudan herrschte. Obwohl seither der mörderische Krieg in Darfur mit zehntausenden Toten und Millionen Vertriebenen dazugekommen ist und die internationale Aufmerksamkeit auf Sudan gelenkt hat wie selten zuvor, ist das Papier unverändert gültig. Als Grund gilt, dass es darin vor allem um die Begleitung des Friedens im Südsudan gehe, wofür sich die Bedingungen nicht verändert hätten, und dass die Krise in Darfur von der humanitären Nothilfe der EU abgedeckt sei, außerhalb der EU-Entwicklungszusammenarbeit.

Insgesamt, so die EU-Kommission, stehen nun für Sudan 400 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren zur Verfügung. Je 40 Prozent davon sollen in Nahrungsmittelhilfe und Bildung fließen, der Rest ist für zurückkehrende Flüchtlinge und den Aufbau staatlicher Institutionen bestimmt. Das Geld ist wie üblich bei der EU in zwei Tranchen aufgeteilt, und die Auszahlung der zweiten hängt von einer erneuten Überprüfung der Lage nach der Hälfte der Zeit ab. Zu diesem Zeitpunkt könnte die EU ihr Programm angesichts der Wirklichkeit ändern.

Darfurs Rebellen appellierten an die EU, die zugesagten Gelder nicht freizugeben, solange in Darfur der Krieg weitergeht. „Mit diesem Geld werden die Janjaweed-Milizen bezahlt werden“, sagte Tajeddin Nyam von der Rebellenbewegung JEM (Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit). „Es ist Geld für den Völkermord.“ Ein Sprecher von EU-Kommissar Michel wies jedoch darauf hin, dass das Geld nicht bedingungslos ausgezahlt werde. „Das Geld ist für die Zukunft da, vorausgesetzt es gibt Fortschritte bei der Umsetzung des Nord-Süd-Abkommens und eine Verbesserung der Lage in Darfur.“ DOMINIC JOHNSON

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