Kongo hat die Wahl: China oder IWF

WIRTSCHAFTSKRISE IWF-Chef Strauss-Kahn sagt bei Kongo-Besuch keine neue Zusammenarbeit zu

China gibt Kongo Kredite, um chinesische Aufbaumaßnahmen im Kongo zu bezahlen

BERLIN taz | Die Demokratische Republik Kongo leidet enorm unter den Folgen der Weltwirtschaftskrise, aber sie muss anders als viele Länder auf Geldspritzen vom Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Kompensation ausfallender Staatseinnahmen vorerst verzichten. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn forderte Anfang der Woche in Kongos Hauptstadt Kinshasa zum Abschluss eines dreitägigen Besuchs die Regierung auf, zuerst ihre umstrittenen Kreditverträge mit China zu revidieren: „Bevor der IWF-Vorstand ein neues Programm für den Kongo behandeln kann, muss eine positive Lösung für das Thema des sino-kongolesischen Abkommens gefunden werden.“

Kongo und China hatten Ende 2007 vereinbart, dass chinesische Firmen 3 Milliarden Dollar in Kongos Bergbau investieren. Im Gegenzug bekommen sie kongolesische Mineralienvorkommen zugesprochen, aus deren Ausbeutung chinesische Wiederaufbaumaßnahmen für Kongos kriegszerstörte Infrastruktur in Höhe von 6,6 Milliarden Dollar finanziert werden. Die Vereinbarung stieß im Kongo auf massive Kritik: Die den Chinesen überlassenen Mineralien seien viel wertvoller als die versprochenen Aufbaumaßnahmen, und Letztere müsse Kongo überdies zur Hälfte selbst bezahlen – per Kredit aus China.

Der IWF hatte seine Zusammenarbeit mit dem Kongo schon kurz vor den Wahlen 2006 wegen Korruption und Mangel an Ausgabendisziplin eingestellt. Seitdem hat es nur kurzfristige Überbrückungshilfen gegeben. Ohne ein neues Dreijahresprogramm aber kann der Kongo nicht in das internationale Schuldenerlassprogramm HIPC für besonders arme Länder eintreten. Kongos Auslandsschulden betragen rund 12 Milliarden Dollar, höher als das Bruttosozialprodukt des 60 Millionen Einwohner zählenden Landes. Durch das Fehlen eines neuen IWF-Abkommens entgehen dem Kongo 500 Millionen Dollar Direkthilfen und 3 Milliarden Dollar Schuldenerlass.

Mittlerweile hat die globale Finanzkrise Kongos Hoffnungen auf ein zweistelliges Wirtschaftswachstum zunichte gemacht und das Land in eine tiefe Krise gestürzt. Fast alle Investitionsprojekte im Bergbau liegen brach, hunderttausende Menschen haben ihre Arbeit verloren, die Devisenreserven schmolzen Anfang dieses Jahres auf nur wenige Tage Importbedarf, und für dieses Jahr wird mit Minuswachstum gerechnet.

Auch China hat seine Investitionspläne für den Kongo zurückgestellt und beschränkt sich auf einige wenige Bauprojekte, darunter die Renovierung des zentralen Boulevards von Kinshasa. Ohne Vorwarnung rissen vor einigen Monaten chinesische Arbeiter den erst wenige Jahre zuvor von der EU bezahlten Straßenbelag auf, zerstörten die Grünstreifen, fällten die teils hundertjährigen Bäume am Straßenrand und stürzten die Hauptstadt in ein andauerndes Verkehrschaos. Das hat Chinas Beliebtheit nicht gesteigert.

So wendet sich Kinshasa nun wieder den internationalen Geldgebern zu. Eine internationale Nothilfe des IWF von umgerechnet 195,5 Millionen Dollar im März bewahrte den Kongo zunächst vor dem Staatsbankrott. Ende April reiste eine hochkarätige kongolesische Regierungsdelegation nach Washington und vereinbarte den jetzt vollendeten Gegenbesuch Strauss-Kahns. Im Kongo wurde die Erwartung geweckt, er werde mit einem neuen IWF-Abkommen im Gepäck anreisen. Aber die Geldgeber verlangen nach wie vor die Neuverhandlung des China-Abkommens mit dem Ziel, dass Kongo die vorgesehene Kreditaufnahme in China nicht selbst tragen muss.

Kongos Premierminister Adolphe Muzito sagte, es seien bereits Verhandlungen mit China darüber im Gange, und äußerte auch die Hoffnungen auf „eine gewisse Flexibilität seitens unserer Gläubiger“. Aber ob China oder IWF: Kongos zukünftige Wirtschaftspolitik wird vom Ausland diktiert. DOMINIC JOHNSON