Du kommst hier nicht rein!

Der Weihnachtsmann musste dieses Jahr draußen bleiben. Es gab weder Geschenke noch Schnee

Anhand der Weihnachtsdekoration konnte man schon frühzeitig erahnen, dass es dieses Jahr nichts werden würde mit dem Fest: Überall an den urbanen Fassaden versuchten verzweifelte – zum Teil auch noch beleuchtete – Weihnachtsmänner die guten Stuben zu erklimmen. Die Mainstream-ironische Dekorationsgeste aus dem Baumarkt hatte jedoch einen tieferen Sinn: Nein, in diesem Jahr wollten wir den Weihnachtsmann gar nicht erst hineinlassen, weder in unsere Wohnzimmer noch in unsere Herzen.

Nein, in diesem Jahr doch bitte keine Geschenke, es gab schließlich auch kein Weihnachtsgeld – und im Januar wird das Wort des Jahres wahr: Hartz IV. Schließlich hatte sich auch das Kalenderjahr von der geizigen Seite gezeigt und die Weihnachtsfeiertage auf ein ohnehin arbeitsfreies Wochenende gelegt. Ein weiteres Tor für die Arbeitgeberseite, die ihre geplagten Angestellten zur Weihnachtsfeier das Essen selbst hatte mitbringen lassen. Oh du Fröhliche!

Zum Schlechte-Laune-Weihnachten gehörte selbstverständlich die Abwesenheit jeglichen Schneetreibens, stattdessen tauchte der liebe Gott das Land in einen depressiven, nieseligen Matsch. Da nützte auch der in diesem Jahr sich verstärkter Beliebtheit erfreuende Kirchgang nichts – dort wurde zwar die Flagge des Abendlandes hochgehalten (Parallelgesellschaften! Türkennot!) und für den Aufschwung gebetet, die Sinnlichkeit kam dabei jedoch zu kurz. Es wäre so schön gewesen: eine weiße Schneedecke, die sich wie ein Leichentuch auf die Jammertäler dieses Landes gesenkt hätte – um sie endgültig unter sich zu begraben.

„Last Christmas“ soll hiermit vergessen sein. Und im nächsten Jahr wird der Weihnachtsmann – bitte schön – wieder hereingelassen. Und das Christkind. Und Väterchen Frost. Und der Konsumterror. So eine Bescherung wie in diesem Jahr braucht kein Mensch. Für das nächste Jahr gilt: Macht hoch die Tür, die Tor’ macht weit! MARTIN REICHERT