China weist Kulturabkommen ab

Kurz vor Schröders Ankunft in Peking wurde die Unterzeichnung des deutsch-chinesischen Abkommens verschoben

PEKING taz ■ Das wichtigste Vorhaben Gerhard Schröders bei seinem Chinabesuch ist schon gescheitert, bevor der Bundeskanzler heute in Peking eintrifft. Ein deutsch-chinesisches Kulturabkommen, das auf Wunsch der Bundesregierung in Peking unterzeichnet werden sollte, wird es in naher Zukunft nicht geben. Das erfuhr die taz gestern aus deutschen und chinesischen Regierungsquellen.

Frankreich konnte im Gegensatz dazu im Herbst ein neues Kulturinstitut in Peking zu eröffnen, das alle Vergleiche mit bisherigen Einrichtungen dieser Art in der Volksrepublik sprengt. „Bei den Franzosen hat Kultur eben Vorrang“, hieß es auf chinesischer Seite. Das gilt nach chinesischer Auffassung offenbar nicht für die Deutschen.

Das deutsch-chinesische Abkommen hätte den kulturellen Austausch zwischen beiden Ländern erleichtert. Zudem sollte es den von den kommunistischen Behörden in China oft malträtierten Künstlern des Landes mehr politischen Rückhalt bieten. Es scheiterte unter anderem an den chinesischen Behörden, die auf eine Besteuerung der von der Bundesregierung finanzierten kulturellen Aktivitäten in China nicht verzichten wollten.

Zwar wollen beide Seiten ihre Verhandlungen über das Abkommen fortsetzen. Doch ist ein Abschluss nun in weitere Ferne gerückt – zumal sich das autoritäre politische System Chinas mit dem Kulturaustausch schwer tut. Die Regierung bevorzugt daher ein weniger weit reichendes Abkommen als die Deutschen. Die hatten schon beim Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao in Berlin vor sechs Monaten vergeblich auf eine Unterzeichnung gehofft.

Das erneute Scheitern eines Abschlusses bestätigt den vorrangig wirtschaftlichen Charakter des Kanzlerbesuchs in China. In Gegenwart von Schröder und Wen sollen heute über ein Dutzend deutsch-chinesische Wirtschaftsabkommen unterzeichnet werden, darunter auch der Verkauf von 23 Airbus-Flugzeugen nach China.

Zudem will Schröder in Peking zwei deutsche Firmen besuchen: das Luftfahrt-Joint-Venture Ameco, wo die Lufthansa und ihr chinesischer Partner unlängst die Zusammenarbeit für 25 Jahre verlängerten, und das Stahlunternehmen Georgsmarienhütte, das heute seine erste Repräsentanz in China eröffnet. Doch gibt es auch ein Kulturprogramm: Gemeinsam mit Wen wird Schröder abends die Pekingoper besuchen. Dafür braucht es kein Kulturabkommen. GEORG BLUME

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