Krieg soll sich auszahlen

Die USA erklären den Ausschluss deutscher und französischer Unternehmen mit „grundlegenden Sicherheitsinteressen“

AUS WASHINGTON MICHAEL STRECK

Die USA wollen die Länder der Antikriegskoalition von milliardenschweren Wiederaufbauaufträgen im Irak ausschließen. Unternehmen aus Deutschland und anderen Staaten, die die US-Intervention in Irak abgelehnt hatten, sollen nicht als Generalunternehmer bei Projektausschreibungen zum Zuge kommen, geht aus einem am Dienstag (Ortszeit) veröffentlichten Pentagon-Papier hervor. Damit macht die US-Regierung ihre bereits vor dem Krieg geäußerte Warnung wahr, nur „willigen Koalitionären“ ein Mitspracherecht beim späteren Wiederaufbau einzuräumen.

Die Pentagon-Direktive ist auf der offiziellen Internetseite der Übergangsverwaltung in Bagdad nachzulesen. Sie führt insgesamt 61 Länder auf, die bei der Ausschreibung von 26 lukrativen Großaufträgen berücksichtigt werden dürfen. In dieser Liste fehlen Länder wie Deutschland, Russland, Frankreich und Kanada, allesamt Gegner der US-Intervention. Das Dokument begründet den Ausschluss dieser Länder nicht explizit. Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz sprach lediglich von „grundlegenden Sicherheitsinteressen“ der USA.

Das Kalkül von Wolfowitz: Die Drohung mit Ausschluss und die Aussicht auf Verträge soll noch zögernde Länder dazu anregen, mehr Streitkräfte im Irak zu stationieren und weitere Finanzmittel bereitzustellen. Daher sollen die in Frage kommenden Erstaufträge nur an die USA, den Irak und Länder gehen, die bislang Truppen ins Zweistromland entsandt haben. „Jede Anstrengung muss unternommen werden, die internationale Zusammenarbeit in Irak auszuweiten“, heißt es in dem Memorandum.

Die Ausschreibungen betreffen die Austattung der irakischen Armee, den Wiederaufbau von Straßen und Ölleitungen sowie die Instandsetzung der Wasserversorgung. Der US-Kongress hatte dafür eine Finanzhilfe in Höhe von 18,6 Milliarden Dollar bewilligt. Die EU hatte bei der Madrider Geberkonferenz im Oktober insgesamt 1,5 Milliarden Euro bis 2007 zugesagt.

Der Löwenanteil an Aufträgen im Irak ging nach einer Ende Oktober veröffentlichten Studie des „Zentrums für öffentliche Rechtschaffenheit“ an US-Firmen, die Präsident George W. Bush vor drei Jahren im Wahlkampf mit großzügigen Spenden unterstützt hatten. Darunter ist auch Haliburton, der weltweit größte Ausrüster für Ölförderanlagen aus Texas. Dessen Chef war zuvor Vizepräsident Dick Cheney. Trotz des Ausschlusses für Erstaufträge könnten sich theoretisch alle Staaten für Ausschreibungen als Subunternehmer bewerben, also auch deutsche Firmen. Dies sei bereits der Fall, bestätigte Martina Nibbeling-Wiessnig, Sprecherin der deutschen Botschaft in Washington.

Was von der Bush-Regierung nun als „Anstrengung zur internationen Kooperation“ verkauft wird, ist in den Augen der Oppostion eine schallende Ohrfeige. Der führende Außenpolitiker der Demokraten, Senator Joseph Biden, kritisierte die Entscheidung als „völlig unnötig“. Sie helfe den Sicherheitsinteressen des Landes nicht im Geringsten, sondern stoße jene Alliierten, die für den Wiederaufbau benötigt würden, nur vor den Kopf. Selbst Republikaner nannten den Schritt einen Fehler. Der Abgeordnete Christopher Shays, jüngst aus dem Irak zurückgekehrt, sagte, es sollte alles unternommen werden, um Länder wie Frankreich und Deutschland am Wiederaufbauprozess zu beteiligen.

Auch der nördliche Nachbar ist erzürnt. Der stellvertretende kanadische Ministerpräsident John Manley bezeichnete die Erklärung als „ziemlich schockierend“. Falls die US-Regierung bei ihrer Haltung bleibe, werde es für Kanada schwierig, den Wiederaufbau Iraks künftig noch finanziell zu unterstützen, sagte er. Kanada stellte nach Regierungsangaben bislang mehr als 190 Millionen Dollar für den Irak zur Verfügung.