Schweinegrippe erreicht Europa

EPIDEMIE Spanischer Student nach Mexiko-Reise positiv gestestet. Verdachtsfall in Bielefeld im Krankenhaus. Europäische Union warnt vor Reisen in Krisengebiete. Virologe: Krankheit kann noch eingedämmt werden

BERLIN taz | Die Schweinegrippe ist in Europa angekommen: Ein 23-jähriger Student wurde in Madrid nach einer Mexikoreise positiv getestet. Er liegt in Quarantäne im Krankenhaus, sein Zustand gilt als nicht lebensbedrohlich. Bei 20 weiteren Personen in Spanien wird geprüft, ob sie sich angesteckt haben. In Bielefeld liegt eine Person mit Verdacht auf Schweinegrippe in einer Klinik. Bei zwei weiteren bestätigte sich der Verdacht nicht. Verdachtsfälle wurden gestern auch aus Schweden, Dänemark, Italien, Großbritannien, Frankreich und der Schweiz gemeldet.

EU-Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou warnte angesichts der rasanten Ausbreitung der Schweinegrippe vor Reisen in betroffene Regionen. Das Auswärtige Amt rät von nicht unbedingt erforderlichen Reisen nach Mexiko ab. Die EU-Gesundheitsminister wollen an diesem Donnerstag zu einem Krisentreffen zusammenkommen. Gestern informierte Vassiliou die EU-Außenminister.

An den deutschen Flughäfen herrschte erhöhte Alarmbereitschaft. Reisende aus Risikogebieten werden durch Plakate und Handzettel informiert. Passagiere aus Mexiko, bei denen Infektionsverdacht besteht, sollen in Frankfurt noch im Flugzeug untersucht und gegebenenfalls in eine Klinik gebracht werden.

Die Lufthansa fliegt täglich nach Mexiko-Stadt, Condor viermal in der Woche. Der Reisekonzern TUI strich vorerst alle Reisen in die mexikanische Metropole. In vielen Staaten, nicht aber in Deutschland werden einreisende Flugpassagiere mit Wärmebildkameras auf eine Fiebererkrankung hin überprüft.

Der Virologe Albert Osterhaus verlangte im taz-Interview, dass alle Mexiko-Reisenden beobachtet und im Fall einer Infektion umgehend behandelt werden. „Es gibt noch Chancen, die globale Ausbreitung der Schweinegrippe einzudämmen“, sagte Osterhaus, der 1997 als erster Forscher bewies, dass die Vogelgrippe auf Menschen übertragbar ist. Das neue Virus, so Osterhaus, enthält Virusteile, die man in Schweinen, Vögeln und Menschen findet. Es gebe zwar noch keine Immunität dagegen, jedoch seien Arzneien wie Tamiflu wirksame Gegenmittel.

In Mexiko sind vermutlich mehr als 100 Menschen an der Schweinegrippe verstorben. Die USA riefen am Sonntag den Alarmzustand auf. Dort sind bisher 20 Personen in fünf Bundesstaaten erkrankt. US-Präsident Obama nannte die Virusinfektion einen Grund zur Besorgnis, aber kein Grund zum Alarm. Krankheitsfälle wurden auch aus Kanada gemeldet.

Bei einer Schülergruppe in Neuseeland hat sich der Verdacht bestätigt. Weitere Verdachtsfälle wurden aus Israel, Kolumbien, Peru, Guatemala, Brasilien und Australien bekannt. KLH

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