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: Der Letzte der Caddies

Der spanische Golfprofi Miguel Angel Jiménez, zurzeit beim German-Master-Turnier, gilt als skurrile Figur auf den Greens und Fairways dieser Welt

Der Mann ist verärgert, man bekommt fast ein bisschen Angst, so grimmig schaut er. „Das war nicht mein Tag“, sagt Miguel Angel Jiménez und zieht an seiner Zigarre. Eine dunkle Rauchwolke steigt auf. „Ich war gar nicht richtig auf dem Platz, war abgelenkt.“ Quelle des Ärgers waren ein paar Bälle, die nicht so flogen, wie es sich der spanische Golfprofi vorgestellt hatte: Mit einer 75er Runde, drei Schläge über Par, startete Jiménez in das German Master in Pulheim bei Köln. „Zwei Bälle fielen ins Wasser. Ich war nicht konzentriert“, grummelt Jiménez. Ein solcher Ausrutscher unterlief Jiménez lange nicht mehr. Daher der Ärger.

Der 40-Jährige aus dem andalusischen Málaga hat ein fantastisches Jahr hinter sich. „Ein großartiges Jahr, das beste meiner Karriere“, sagt er – und schaut schon wieder ein bisschen freundlicher. Der Aufschwung kam im September 2003 in Pulheim, wo er Platz zwei belegte. Im Anschluss gewann er fünf Turniere der europäischen Tour, zuletzt Ende August die BMW-Open in München. Woran liegt es? Anders als viele seiner Berufskollegen liefert Jiménez keine minutiösen Erklärungen über das persönliche Befinden oder Fragen der Motivation ab. Er sagt nur: „Ich fühle mich wohl und genieße das Spiel – und dann spiele ich gut.“ Jiménez ist keine Diva. Ein bisschen Golf-Philosophie kann er aber auch bieten: „Golf“, sagt er, „ist ein Spiel, das keine Grenzen hat. Es gibt ähnliche, aber niemals identische Situationen. Man hört niemals auf zu lernen.“ Wieder zieht er an seiner Zigarre, dazu hat er einen Espresso bestellt.

In seiner Heimat wird Jiménez „El Mecánico“ genannt – aufgrund seiner Vorliebe für schnelle Autos. Er fährt einen roten Ferrari. Jiménez war jedoch nicht immer reich. Seine Vita ist regelrecht romantisch: Der Andalusier stammt aus einfachen Verhältnissen, wuchs als fünftes von sieben Kindern in der Nähe des Flughafens von Málaga auf. Sein Vater war Maurer. „Ich bin der letzte Vertreter der Caddie-Generation“, sagt Jiménez. Im Alter von 15 Jahren verließ er die Schule und verdingte sich auf dem Golfplatz als Caddie. „Ich musste Geld für die Familie verdienen. Die armen Leute haben damals den Reichen die Taschen getragen“, berichtet er. Auch US-Masters-Sieger Severiano Ballesteros, dessen Vater Gärtner auf dem Golfplatz in Pedreña war, ist ein Vertreter der aussterbenden Caddie-Spieler-Spezies. Miet-Caddies gibt es heute in Europa nicht mehr – man trägt seine Tasche selbst oder fährt mit dem Buggy.

Wenn der junge Jiménez gerade einmal keine Taschen schleppen musste, dann schlug er Bälle, trainierte, trainierte und wurde immer besser. „Ich habe schnell gewusst, dass Golf mein Leben ist. Golf ist eine Herausforderung an dich selbst, du bist ganz bei dir“, sagt Jiménez. Sein älterer Bruder, der vor ihm Caddie geworden war und ebenfalls leidenschaftlich golfte, wurde sein Lehrer. „Mit Arbeit und Hingabe bin ich das geworden, was ich heute bin“, sagt Jiménez – und das klingt ehrlich, nicht aufgesetzt.

In der nächsten Woche gehört der 40-Jährige zum zweiten Mal nach 1999 dem europäischen Ryder-Cup-Team an, das in Detroit seinen Titel gegen die USA verteidigen will. Kapitän Bernhard Langer, Turniergastgeber in Pulheim, ließ zur Motivation seiner Spieler Videobänder produzieren, die deren größte Erfolge zeigen. „Das Band werde ich mir in der nächsten Woche ohne Unterbrechung anschauen“, sagt Jiménez. Und nun lacht er wieder.

CHRISTIANE MITATSELIS