Popförderung? My ass!

Gehören Pop und Politik zusammen? Claudia Roth kann es nicht sagen. Vielleicht, weil es keine Antwort gibt

Bundespopkulturpolitik ist ein fürchterliches Wort. Klingt bescheuert, schreibt sich schlecht und sieht dämlich aus. Was dann überhaupt hinter dem Begriff stehen soll, will man sich erst gar nicht vorstellen. Zu frisch ist die Erinnerung an einen nachgerade orientierungslosen SPD-Pop-Beauftragten Sigmar Gabriel. Von dem weiß man nämlich bis heute nicht, was er in dieser Funktion wirklich getan hat. Denn eins ist sicher: Pop und Politik sind sich unter ihm nicht näher gekommen.

Aber: Sollen sie das überhaupt? Wie politisch kann Popmusik denn sein, ohne sich vereinnahmen zu lassen, und wie kann die Politik von der Popkultur das Coolsein lernen, was ihr so dringend fehlt?

Ungefähr diese Fragen sollte eine irgendwie doch vielversprechend besetzte Podiumsdiskussion in Berlin klären. Claudia Roth war da, als Ton-Steine-Scherben-Managerin musikbizgeschulte Vorzeigepolitikerin. Am anderen Ende des Tisches saß Alt-/Expunk Peter Hein, der als eigensinniger Querulant gilt und als Sänger der Band Fehlfarben die für die linke Szene wichtige Platte „Monarchie und Alltag“ machte. Dazwischen eingekeilt: Jörg-Uwe Nieland, der zu „Pop und Politik“ promovierte. Geballte Expertise, man freute sich auf eine lehrreiche Debatte.

Die kam nicht. Es war vielmehr groteskes Schauspiel ohne Inhalt – aber mit riesigem Unterhaltungswert. Dr. Jörg-Uwe Nieland lobte die Mainstreamrocker Die Toten Hosen als politischste deutsche Band. Claudia Roth sprach gern und viel von „den Scherben“, Peter Hein musste fünfmal feststellen, dass er mit denen nichts anfangen könne, woraufhin Roth immer beleidigter wurde und Hein sich genervt in Verweigerung flüchtete.

Worüber man eigentlich hätte reden können, wurde kaum angerissen: dass Pop heute sehr wohl politische Inhalte und Protest transportieren kann, wie zum Beispiel die vielen Konzerte beim G-8-Gipfel in Heiligendamm gezeigt haben.

Das funktionierte auch ohne die unglückliche Figur eines Popbeauftragten. BENJAMIN WEBER