Theologinnen kritisieren Roms Frauenbild

Breite Empörung über vatikanisches Schreiben. Käßmann: „Tieftrauriges Stück Papier“, Bußmann: „Unverschämtheit“

BERLIN taz ■ Evangelische und katholische Theologinnen haben das vatikanische Schreiben zur Rolle der Frau in Kirche und Gesellschaft vehement kritisiert. Das von dem deutschen Kurienkardinal Joseph Ratzinger unterzeichnete Dokument sei ein „tieftrauriges Stück Papier“, sagte die Bischöfin der evangelischen Landeskirche in Hannover, Margot Käßmann. Der Vorwurf Roms, der Feminismus wolle die Unterschiede von Mann und Frau beseitigen, sei „schlicht Unfug“, so die evangelische Theologin zum Kölner Stadtanzeiger.

Auch die katholische Theologin Magdalena Bußmann von der katholischen Kirchenvolksbewegung kritisierte das Schreiben als „Unverschämtheit“: Der Vatikan unterschlage systematisch die aktive Rolle, die Frauen in der Bibel und den frühen Gemeinden spielten, weil er Frauen von der innerkirchlichen Macht fernhalten wolle. „Die römische Kirche kann das nicht ertragen und projiziert eine verengte Sicht in die Bibel hinein“, sagte Bußmann im taz-Interview.

Mittlerweile bilde sich eine weibliche Parallelkirche mit eigenen Priesterinnen und Bischöfinnen: „Zum Glück interessiert Frauen ohnehin nicht mehr, was die Amtskirche da produziert.“

Auch der Theologinnen-Verband „Initiative Konferenz Europäischer Theologinnen“ erklärte, es sei „abwegig und anmaßend“, dass ein Männergremium „frauliche Werte“ definiere, statt sich mit der eigenen frauenunterdrückenden kirchlichen Praxis auseinander zu setzen. OES

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