Mehr Schutz für Helfer

Der UN-Sicherheitsrat erklärt Angriffe auf Hilfsorganisationen zu „Kriegsverbrechen“

aus Genf ANDREAS ZUMACH

„Vorsätzliche und beabsichtigte Angriffe“ auf UN-Personal und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen werden künftig als „Kriegsverbrechen“ geahndet. Mit der entsprechenden Resolution reagierte der UN-Sicherheitsrat in New York am Dienstagabend auf den verheerenden Terroranschlag auf die UN-Zentrale in Bagdad, der am Dienstag letzter Woche 24 Tote und über 100 Verletzte gefordert hatte. Für die Verfolgung und Bestrafung derartiger Kriegsverbrechen sollte laut ursprünglichem Entwurf der Resolution der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) zuständig sein.

Unter dem massiven Druck und der Vetodrohung der USA verzichteten die übrigen Ratsmitglieder schließlich auf diese Passage. Zudem setzte Washington durch, dass nur willentliche Angriffe auf humanitäres Personal als Kriegsverbrechen gewertet werden. Damit soll verhindert werden, dass US-Soldaten für „versehentliche“ Attacken – zu denen es in der Vergangenheit in einer Reihe von Fällen gekommen ist – zur Rechenschaft gezogen werden können.

Den ursprünglichen Entwurf zum verbesserten Schutz von UN-Personal und MitarbeiterInnen von Hilfsorganisation hatte Mexiko bereits im Mai eingebracht. Kosponsoren waren die Ratsmitglieder Frankreich, Deutschland, Russland, Syrien und Bulgarien. Amnesty international, Human Rights Watch (HRW) und die weltweite „ Koalition von Nichtregierungsorganisationen für einen starken und unabhängigen Internationalen Strafgerichtshof“ kritisierten die von Washington erzwungene Streichung der Bezugnahme auf den IStGH als „Skandal“ und „Schmach“. Die Bush-Administration solle „ihren Kreuzzug gegen den IstGH nicht zu Lasten von UN-Personal und humanitären Helfern führen“, erklärte HRW-Direktor Richard Dicker.

Bereits im Juli hatte Washington durch Vetodrohung im Sicherheitsrat durchgesetzt, dass die Resolution zur Mandatierung einer UN-Truppe für Liberia ausdrücklich vorsieht, dass die daran beteiligten Soldaten Immunität vor dem IStGH erhalten.

Die Bemühungen der Bush-Administration um eine zweite Irak-Resolution sind – wie zu erwarten – bislang weitgehend erfolglos geblieben. Im Sicherheitsrat ist keine Mehrheit absehbar für eine Resolution, die – wie von Washington ausdrücklich verlangt – die volle Kontrolle über alle relevanten politischen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Fragen im Irak weiter bei den amerikanisch-britischen Besatzern belassen würde. Von einer Resolution, die diese Zuständigkeit zumindest teilweise, wenn nicht vollständig, an die UN überträgt, machen jedoch zahlreiche Staaten – darunter Indien und Pakistan – die Entsendung von Soldaten abhängig. Dasselbe gilt für die Bereitschaft zur finanziellen Beteiligung am Wiederaufbau. Der US-Statthalter im Irak, Paul Bremer, bezifferte in einem Interview mit der Washington Post die für den Wiederaufbau erforderlichen Mittel allein bis Ende 2003 auf „Dollarbeträge in zweistelliger Milliardenhöhe“.