Kraft durch Intrige

Im ehemaligen „Kraft durch Freude“-Seebad Prora startet heute eine Ausstellung. Im Hintergrundtobt ein Streit um Fördergelder und den richtigen Umgang mit dem Erbe des Nationalsozialismus

VON DANIEL SCHULZ

Zwei konkurrierende Vereine, ein klammes Land und persönliche Fehden: Aus diesem Stoff ist der neueste Streit um den richtigen Umgang mit dem Nationalsozialismus in Mecklenburg-Vorpommern.

Heute eröffnet die Stiftung Neue Kultur im ehemaligen „Kraft durch Freude“-Seebad Prora auf der Insel Rügen eine Dauerausstellung zur Entstehung des monumentalen Kurbades für den normalen Nazi-Arbeiter. Besucher können erst die Hälfte der Ausstellung sehen, weitere Teile sind in Vorbereitung. Krach gibt es, weil das Land Mecklenburg die Ausstellung nicht fördert.

„Durch seine Abstinenz hat das Land wieder Position gegen uns bezogen“, sagt Jürgen Rostock, Projektleiter der Ausstellung auf Rügen. „Wieder“, sagt Rostock, weil die Landesregierung vor einem Jahr nichts unternahm, als Ex-Landtagspräsident Hinrich Kuessner (SPD) verhinderte, dass Neue Kultur die Wehrmachtsausstellung in Prora zeigen konnte. Kuessner hatte Angst, dass Teilnehmer eines von ihm organisierten Jugendtreffens ein paar protestierende Neonazis hätten angucken müssen. Er und andere bewegten Jan Philipp Reemtsma, die Ausstellung in der Nazi-Raketenwerkstatt Peenemünde zu zeigen.

Um einem weiteren derartigen Verlust zu entgehen, hat die Neue Kultur die Ausstellung mit EU-Fördergeldern finanziert. Das Kultusministerium bestreitet heute wie damals, etwas mit der Reemtsma-Entscheidung zu tun gehabt zu haben. Ministeriumssprecherin Heike Meitzert sagt zum jetzigen Streit: „Der Kulturetat wurde um eine Million gekürzt, wir haben kein Geld.“

Geld bekam allerdings der Förderverein Dokumentationszentrum, geleitet von der ehemaligen Landtagspräsidentin Kerstin Kassner (PDS). Derzeit ist sie Landrätin von Rügen, ihre Gegner sagen ihr beste Verbindungen in die Landesregierung nach. Das Kultusministerium sagt, man habe beide Vereine ersucht, miteinander zu arbeiten. „Denn die inhaltlichen Zielsetzungen waren bei den Anträgen auf Förderung die gleichen“, sagt Meitzert. Eine Zusammenarbeit sei abgelehnt worden und da habe Kassner den Zuschlag bekommen, weil deren Verein stärker in Rügen verwurzelt sei. Außerdem habe die Konkurrenz Neue Kultur früher einmal Fördermittel zweckentfremdet. Kassner sagt, man wolle mit Rostock zusammenarbeiten. „Aber das ist unmöglich, weil er immer wieder quer schießt“, sagt sie.

Genau, man wolle mit dem Verein von Kassner nicht zusammenarbeiten, sagt Rostock. Denn da arbeitet ein ehemaliger Mitarbeiter von Neue Kultur, der beim Hickhack um die Wehrmachtsausstellung sich sehr stark dafür eingesetzt haben soll, dass diese nicht nach Prora kam. Außerdem wolle Kassners Verein kein Dokumentationszentrum. Und Fördermittel habe er nie bekommen, „also können wir sie nicht zweckentfremdet haben“.

Um gegenüber dem Ministerium stärker auftreten zu können, will sich Rostock „mehr politische Unterstützung holen, genau wie unsere Gegner“. Till Backhaus, Landesvorsitzender der PDS, sei seinem Verein wohlgesinnt. Heute zur Ausstellungseröffnung kommt Backhaus.