Sidra mit Blutwurströllchen

Wem der Pilgerweg nach Santiago de Campostela zu anstrengend ist, der kann sich im grünen Asturien bestens erholen: schlemmen an der Küste oder wandern in den Bergen der Picos de Europa. Ein Streifzug durch Nordspanien

VON PETRA SCHROTT

„Wer eine Kuh hat, der hat einen Schatz“, sagten die Bäuerinnen in Asturien. Die Frauen brachten Grundstück und Haus mit in die Ehe und die Männer das Vieh. Jetzt hat es eine Asturierin bis an den königlichen Hof gebracht. Die bürgerliche Letizia Ortiz aus der Provinzhauptstadt Oviedo hat den Kronprinzen geheiratet, der immer zugleich auch Prinz von Asturien ist.

Der Durchschnittsbürger in Asturien bewahrt sich allerdings seine bäuerlichen Wurzeln. Es ist üblich, dass zum Beispiel ein Bankangestellter ein Schwein mästet oder ein Stück Land bei den Eltern oder Großeltern bewirtschaftet. Denn in Asturien wird viel Wert auf ausgiebiges Schlemmen und Qualität des Essens gelegt. Als Spezialität gilt die klassische Fabada, ein Eintopf aus weißen dicken Bohnen mit Blutwurst, Paprikawurst, Schinkenspeck und Safran. Auch im nobelsten Restaurant wird die deftige Speise im traditionell bauchigen Topf, den schon die Großmutter benutzte, serviert.

Die Fantasie der Köche schlägt köstliche Schlenker bei Vorspeisen wie Blutwurst, zigarettendünn in Blätterteig gehüllt, mit Soße aus Amarenakirschen garniert. Besonders stolz sind die Gastronomen auf die Käsevielfalt. Der graugrüne Cabrales, eine Art Schimmelkäse, drei bis sechs Monate lang in Höhlen gereift, ist der berühmteste unter den 58 Sorten. Wer es weniger streng mag, findet genug Auswahl unter den Mischungen aus Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch.

Oviedo, die viertteuerste Stadt Spaniens mit Grundstückspreisen von 3.000 bis 6.000 Euro pro Quadratmeter, ist eine Verwaltungsstadt. Die gesamte Innenstadt ist zur Fußgängerzone umgestaltet und restauriert. Abends tifft man sich wie in Spanien üblich in den zahlreichen Lokalen zu Tapas. Das Besondere ist, dass hier das Nationalgetränk Sidra ausgeschenkt wird. Der Apfelwein wird kultisch serviert: Der Kellner hält die Flasche so hoch wie möglich, dass der Strahl der Sidra in das tief gehaltene große Glas spritzt, bis es schäumt. Der Gast spült das Glas aus, bevor er es am Tisch an den Nächsten weiterreicht und der Kellner seine Meisterschaft erneut unter Beweis stellen kann.

Oviedo arbeitet streng am Image der Sauberkeit. Dreimal hat die Stadt den Goldenen Besen gewonnen, einen Preis für die sauberste Stadt Europas. Täglich werden die Straßen mit Wasser gereinigt und wird der Müll abtransportiert.

Wer es verlebter mag, dem gefällt die Industriestadt Gijon mit ihren drei Stadtstränden besser. Obwohl auch hier kräftig modernisiert wird. Im einst verruchten Fischerviertel Cimadevilla werden die kleinen, krummen Häuser inzwischen zu teuren Luxuswohnungen umgebaut.

Das grüne Asturien ist ein Ziel für Naturliebhaber. Neben der nördlichen Pilgerroute ins benachbarte Galicien nach Santiago de Compostela wirbt Asturien mit den Wanderwegen der Picos de Europa. Ein Drittel der Gesamtfläche der nördlichen Provinz steht unter Naturschutz. Picos de Europa nannten die Seefahrer die ersten Gipfel, die sie bei ihrer Heimreise erkannten. Nach diesen Gipfeln des Kantabrischen Gebirges wurde auch der erste Nationalpark getauft, den der Geologe Guillermo Schulz 1918 nach amerikanischem Vorbild anlegte. Heute durchziehen dreißig ausgewiesene Wanderwege diese Wildnis. Wegen häufiger Gewitter und Nebel auch im Sommer ist es empfehlenswert, diese Routen nicht zu verlassen. In den hochalpinen Gletscherlandschaften liegt ganzjährig Schnee, und es gibt noch Bären und Wölfe.

Für ganz Spanien bedeutsam scheint der Wallfahrtsort Cavadonga. An den Ostertagen besuchten 45.000 Gläubige den Ort, wo sich katholische Legenden und politische Schlachten vermischen. Der Gebietsfürst Pelayo soll den Widerstand gegen die maurische Besetzung gewagt haben, weil ihm die Muttergottes vor den entscheidenden Schlacht im 8. Jahrhundert ein Siegeskreuz übergab. Pelayo avancierte zum spanischen König und wurde zur nationalen Identifikationsfigur für die Reconquista, die Wiedereroberung Spaniens für den katholischen Glauben. In Cangas de Onis hängt unter der romanischen Brücke eine bizarre Vergrößerung des Kreuzes. Das Original des Holzkreuzes, reichlich vergoldet und mit Edelsteinen besetzt, liegt in der Schatzkammer der Kathedrale von Oviedo.

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