Exportschlager „Lulu-Öl“ in Frauenhand

Die traditionelle Shea-Ölherstellung im Südsudan und die Vermarktung garantieren Frauen ein eigenes Einkommen

RUMBEK taz ■ Rhythmisch stampft eine Frau Samenkörner in einem ausgehöhlten Baumstamm klein. Dann übergibt sie den Stampfer an eine andere Frau. Langsam werden so die Samen des Sheabaums oder Lulubaums zu einer bräunlichen, matschigen Masse zerkleinert.

Seit jeher wird in Südsudan auf diese Weise Pflanzenöl aus dem Baum gewonnen, der in der gesamten afrikanischen Sahelzone von Senegal bis nach Äthiopien wächst. Das cholesterinarme Öl wird zum Braten verwendet, aber auch als Schutzcreme gegen die brennende Sonne.

Im südsudanesischen Rumbek haben sich neun Frauen in der Genossenschaft „Anip Marial“ zusammengetan, um die Endprodukte Shea-Öl, Shea-Creme und Shea-Seife zu vermarkten. Sie werden vor allem in der Region verkauft, doch seit kurzem erreicht die Creme unter dem Namen „Lulu-Öl“ sogar Uganda und Kenia.

Darüber ist Rose Akwang, Leiterin der Genossenschaft, sehr erfreut, bemerkt jedoch, dass der Gewinn zu gering sei. „Es bringt uns ganz wenig Geld, da das Öl im Ausland so billig angeboten wird. Unser größtes Problem und gleichzeitig die höchste Ausgabe ist der Transport.“ Es gibt nur wenige Straßen im Südsudan und die ähneln eher Mondlandschaften mit tiefen Kratern. Nur die Hilfsorganisationen und Behörden verfügen über Autos. Als die internationale Entwicklungsorganisation „Medic“ vierzehn Frauengruppen Ölpressen schenkte, mussten sie per Flugzeug transportiert werden. Auch die Cremetöpfchen für Uganda und Kenia gelangen meist auf dem Luftweg dorthin.

Streng genommen ist dieser Export illegal, da im Südsudan Staatsstrukturen fehlen, die Ausfuhrgenehmigungen vergeben und Steuern eintreiben. Dort herrscht die Rebellenorganisation Sudan People’s Liberation Army (SPLA). Während Südsudan auf die Unterschrift unter ein Friedensabkommen zwischen der sudanesischen Regierung und der SPLA wartet, nutzen die Frauengenossenschaften die Zeit, um ihre Geschäfte zu machen. Dabei machen sie auch Entdeckungen über die Lulubaum-Samen. „Der Abfall wurde früher nach dem Pressen weggeworfen. Wir haben gemerkt, dass er wunderbar Insekten vertreibt“, sagt Akwang. „Wir können also auch das Beiprodukt verkaufen“, erzählt sie begeistert.

Jetzt haben die Frauen ein eigenes Einkommen. Aber das passt nicht in das Weltbild der Nothilfeorganisationen, die im Südsudan Hungerhilfe leisten. „Als wir Hungersnot litten, kam das Ausland zu Hilfe und schickte fertigte Pakete, in denen meistens auch Speiseöl aus den USA war“, erzählt Peter Nok von einer lokalen Entwicklungsorganisation. „Wenn sich die Hilfsorganisationen vorher ein wenig umgeschaut hätten, hätten sie gesehen, dass wir hier unser eigenes Öl haben. Lulu-Öl pressen, das ist schwere Arbeit. Als die Frauen merkten, wie einfach sie Öl aus dem Ausland bekamen, hörten sie mit der Arbeit auf.“

Nok hat in Westafrika den Sheabaum-Samen erforscht. Auch da ist das Sammeln der Saatkörner traditionell Frauenarbeit. „Die Frauen dort bekommen ganz wenig Geld dafür. Unsere Frauen hier wollen darum den ganzen Verarbeitungsprozess in eigener Hand halten. Sie sind mit Recht misstrauisch gegenüber großen Konzernen, die sich für die Lulu-Bäume interessieren.“

Aus Westafrika werden die Sheabaum-Samen nämlich nach Europa exportiert und erst dort zu Öl verarbeitet. Dafür zahlt die Kosmetikindustrie sehr viel Geld. Diese Perspektive fehlt den Frauen im Südsudan bislang.

ILONA EVELEENS