Offene Kollegenschelte

Justizsenator Kusch kritisiert Thüringer Innenminister für Kommentar über Gerichtsurteil. Der will Polizisten bei Misshandlungsvorwürfen noch mehr unterstützen

Dass das Hamburger Amtsgericht in seinem Urteil gegen die drei Erfurter Prügelpolizisten den Korpsgeist innerhalb der Thüringer Polizei kritisiert hat, ficht den dortigen Innenminister Andreas Trautvetter (CDU) nicht an. Der hat nun angekündigt, künftig angeklagten Polizisten aus seinem Land noch mehr Unterstützung zu gewähren, als bereits in diesem Fall geschehen. In einem Interview der Thüringer Zeitung Freies Wort verriet Trautvetter, bereits angewiesen zu haben, „dass in weiteren solchen Fällen der Dienstherr sowohl den Rechtsanwalt stellt und die Kostenübernahme garantiert“. Im Fall der drei Prügelbeamten hatte deren Dienstherr, der leitende Polizeidirektor Roland Richter, versucht, den Rechtsanwälten ihre Verteidigungsstrategie vorzuschreiben. Die aber hatten die unzulässige Einmischung vor Gericht offen angeprangert.

Außerdem hat Trautvetter inzwischen die Verantwortung für die Prügelszenen auf der Bambule-Demo, für welche die Erfurter Polizisten zu Freiheitsstrafen von einem Jahr verurteilt worden sind, dem Einsatzleiter der Hamburger Polizei zugeschoben. Der habe den Befehl „Schlagstock frei“ erteilt, weswegen auch die Thüringer Polizisten diesen hätten benutzen dürfen. „Die drei haben nicht ungerechtfertig geprügelt, sie haben einen Einsatzbefehl bekommen.“ Fehler sei nur gewesen, dass der Befehl erteilt worden sei, obwohl sich noch Zivilbeamte unter den DemonstrantInnen befunden hatten.

In Zukunft werde man Amtshilfeersuchen ablehnen, wenn nicht garantiert sei, dass es nicht zu solchen „Konfliktsituationen“ kommt. Im Klartext: Wenn die Gefahr besteht, dass nicht DemonstrantInnen, sondern andere PolizistInnen verprügelt werden. Offene Kollegenschelte hat Trautvetter dafür eingesteckt, dass er das Urteil des Hamburger Amtsgericht als „zu hart“ kritisierte. „Das war eine unzulässige Einmischung in eine unabhängige Justiz“, sagte dazu Hamburgs Justizsenator Roger Kusch (CDU): „Das Thüringer Innenministerium hätte sich besser jeglicher Stellungnahme enthalten.“

Unterdessen haben zwei der verurteilten Polizisten Rechtsmittel eingelegt. Auch die Staatsanwaltschaft hat sich zu diesem Schritt entschieden. Sie hatte für die Polizisten höhere als die im Verfahren verhängten Freiheitsstrafen verlangt. Und: Geht auch die Staatsanwaltschaft in die Revision, kann das Urteil in der zweiten Instanz schärfer sein als das vorherige. Legen nur die Angeklagten selber Rechtsmittel ein, gilt das „Verschlimmerungsverbot“. ELKE SPANNER